Überraschende Neuigkeiten aus Oppenheim: SPD-Stadtbürgermeister Marcus Held hat sich krank gemeldet. Er überlässt die städtische Amtsführung seinem zweiten Beigeordneten – vorerst.
Seit zwei Wochen weiß er, dass die Staatsanwaltschaft Mainz ihre Ermittlungen gegen ihn massiv ausgeweitet hat. Er hat diese Information der Öffentlichkeit verschwiegen, er hat einfach weitergemacht wie bisher, scheinbar völlig unbeeindruckt. Nur wenige Polit-Freunde wurden eingeweiht – unter anderem vermutlich auch der SPD-Landesvorsitzende Roger Lewentz (was erklärt, weshalb er unlängst dem SWR eine Auskunft verweigerte).
Am Samstag wurden auf dieser Webseite exklusiv die neuen staatsanwaltschaftlichen Aktivitäten enthüllt: Gegen Held wird jetzt nicht nur wegen Untreue in 15 Fällen, sondern auch noch wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt.
Am Samstagabend sagte Stadtbürgermeister Marcus Held daraufhin seinen Besuch der CVO-Saalfastnacht ab.
Am Montagabend, gestern, demonstrierten erneut rund 300 Oppenheimer vor seinem Rathaus und forderten lauthals den Rücktritt des Skandal-Bürgermeisters. Sogar der frühere Bürgermeister der Verbandsgemeinde, Reinhard Petry, erhob das Wort. Er ist der Vorgänger des jetzigen Inhabers Klaus Penzer, gegen den die Staatsanwaltschaft jetzt ebenfalls Ermittlungen wegen des der Untreue eingeleitet hat.
Am heutigen Dienstagmorgen teilte die Lokalzeitung „Allgemeine Zeitung Landskrone“ mit, er lasse seine Amtsgeschäfte ruhen: nicht aus Einsicht in seine Verfehlungen, sondern allein auf dringenden ärztlichen Rat „aus gesundheitlichen Gründen“.
Er müsse zwingend Abstand und Ruhe finden, gab Marcus Held auch bekannt, „ich bin daher bis auf Weiteres arbeitsunfähig geschrieben“.
Die Amtsgeschäfte soll nicht der Erste Beigeordnete Hansjürgen Bodderas führen – vermutlich wegen Arbeitsüberlastung: Er war von Held zum 70.000-Euro-Geschäftsführer der kleinen lokalen Tourismus GmbH gemacht worden war.
Als Ersatz-Stadtbürgermeister darf der Zweite Beigeordnete Helmut Krethe fungieren: Der war mal als CDU-Vorsitzender ein ganz erbitterter Held-Kritiker und wurde sogar von der Oppenheimer SPD-Spitze gezielt ausgeforscht („Schufa-Affäre“). Held hat den Mann „umgedreht“ und mit einem Beigeordneten-Posten versorgt: Seitdem weicht Krethe, was bei öffentlichen Veranstaltungen immer wieder zu beobachten ist, nicht von Helds Seite. Der Mann hat längst mit der CDU gebrochen und wurde auch aus der Fraktion ausgeschlossen, hat aber sein Mandat nicht zurückgegeben, sondern blieb als Parteiloser im Stadtrat sitzen.
Helmut Krethe also soll jetzt die Stadt Oppenheim führen und repräsentieren – jedenfalls so lange Held krankgemeldet ist. Der SPD-Politiker versicherte unterdessen, seine Büros als Bundestagsabgeordneter in Berlin und im Wahlkreis Worms seien weiterhin besetzt und erreichbar.
Ob die Vertretungslösung vielleicht unerwartet (und von Held ungeplant) Chancen für Oppenheim bietet? Immerhin hat der Rechnungshof der Stadt aufgetragen, Regressansprüche gegen Held zu verfolgen. Unter der Aegide Krethes wäre das ohne jeden Interessenkonflikt möglich. Oder?
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Anmerkung: In einer ersten Fassung lautete die Überschrift: „Held lässt Amtsgeschäfte ruhen – wegen Krankheit“. Tatsächlich lässt er die Amtsgeschäfte nicht ruhen; deshalb wurden der Titel wie auch entsprechende Textpassagen geändert.