Jetzt hält auch die „Allgemeine Zeitung Landskrone“ das Thema für berichtenswert! Sie veröffentlichte sogar eine Sondermeldung: „Nichtöffentlicher Stadtratsbeschluss rechtswidrig – Anwaltssuche ausgesetzt“ lautet die Überschrift im Internet:
Übergeordnete Behörden haben offenbar den Oppenheimer Stadtbürgermeister Marcus Held zurückgepfiffen und damit zugleich die Verbandsgemeindeverwaltung von Bürgermeister Klaus Penzer abgewatscht: Ein Ratsbeschluss, von Penzer-Mitarbeitern vorbereitet und von Held im Stadtrat durchgepeitscht, wurde für rechtswidrig erklärt.
Ein solcher Vorgang ist äußerst ungewöhnlich! Held wie Penzer dürften eine Zurechtweisung „von oben“ – und dann auch noch von SPD-geführten Behörden – als ganz bittere Klatsche empfinden.
Das war geschehen:
In der Ratssitzung am 15. August war beschlossen worden, dass der SPD-Bundestagsabgeordnete und Stadtbürgermeister Marcus Held den zu erwartenden Bericht des Landesrechnungshofs von einem Anwalt überprüfen lassen dürfe – auf Kosten der Stadtkasse. Der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz hat sich bekanntlich nach massiven Vorwürfen gegen die Geschäfte des Stadtbürgermeisters die Oppenheimer Verwaltung vorgeknöpft, der Bericht soll im Spätherbst dieses Jahres fertig sein. Die Staatsanwaltschaft Mainz hat nicht abgewartet, sie hat gegen Marcus Held bereits ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet.
Dass eine kleine Kommune einen Bericht der erfahrenen und unbestechlichen Rechnungsprüfer juristisch gegenchecken lässt: Das ist sehr ungewöhnlich, aber rechtlich nicht zu beanstanden.
Das Problem hier ist: Marcus Held hatte über seinen Beschlussvorschlag – auf Empfehlung der Verbandsgemeindeverwaltung offenbar, und gegen laute Proteste der kleinen AL-Fraktion im Stadtrat – im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung abstimmen lassen. Der Allgemeinen Zeitung war der ungeheuerliche Vorgang kaum Zeilen wert; wir haben auf dieser Seite unter der Überschrift „Falscher Ratsbeschluss kann Held teuer zu stehen kommen“ ausführlich berichtet; Auszug:
So ist das in Oppenheim. Lex Marcus Held. Und die Ratsmitglieder der SPD folgen ihrem Stadt- und Parteioberhaupt wie Schafe dem Hirten. Dumm nur, dass der sie wieder einmal in die Irre geführt hat:
Alle Themen einer Ratssitzung müssen – das ist in einer Demokratie nun mal so – öffentlich besprochen und beschlossen werden. Das ist der Grundsatz, ein eherner Grundsatz.
Die Öffentlichkeit darf nur bei ganz bestimmten Themen ausgeschlossen werden: wenn es um schutzwürdige Interessen von Einzelpersonen geht, etwa in Personal- oder Steuerangelegenheiten. Davon kann natürlich keine Rede sein, wenn sich Oppenheims Stadtbürgermeister juristischen Beistand bezahlen lassen will, weil ihm der Landesrechnungshof Fehlverhalten nachweisen könnte. Insofern hätte das Thema zwingend im öffentlichen Teil der Sitzung behandelt werden müssen.
Von Vorschriften und Gesetzen lassen sich ein Held und auch ein Penzer, so scheint’s, nicht sonderlich beeindrucken. Sie zogen den rechtswidrigen Beschluss ungerührt durch. Sie hatten wohl nicht damit gerechnet, dass ihr rechtwidriges Handeln öffentlich angeprangert würde – und übergeordnete SPD-Behörden gegen sie einzuschreiten könnten.
Nach der Sitzung des Stadtrates informierte der AL-Vorsitzende Raimund Darmstadt umgehend die Kommunalaufsicht des Landkreises Mainz-Bingen und die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) des Landes sowie den Landesrechnungshof. Begründung: „Ein größeres öffentliches Interesse als an den Prüfungen des Landesrechnungshofes zu den Amtsgeschäften des Stadtbürgermeisters und der Verbandsgemeindeverwaltung ist derzeit wohl kaum vorstellbar.“
Gestern habe, berichtet die Allgemeine Zeitung, Stadtbürgermeister Marcus Held eine Mitteilung an AL-Fraktionschef Raimund Darmstadt geschrieben: Der Beschluss des Stadtrates sei rechtswidrig, er sei „wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit ausgesetzt“ worden.
Darmstadts Kommentar zum Held-Schreiben: „Freiwillig ist das mit Sicherheit nicht erfolgt.“ Es dürfte nachvollziehbar sein, dass der AL-Vorsitzende, der im Stadtrat immer wieder von der übermächtigen SPD-Fraktion abgeblockt wird, leise Genugtuung empfindet. „Das ist eine Blamage mit Bauchlandung für Held – weil er die Rechtswidrigkeit ,seines’ Beschlusses auch noch verkünden muss“, zitiert die Zeitung des Oppositionsführer. Es freue ihn, dass die Aufsichtsbehörden dem Bürgermeister die Grenzen in seinem Handeln an Recht und Gesetz vorbei aufgezeigt haben. „Das war eine Lektion in kommunaler Demokratie.“
Marcus Held zeigte sich laut Zeitungsbericht zumindest äußerlich wenig beeindruckt, demonstrierte vielmehr erneut sein etwas sonderbares Rechtsverständnis: Er ließ durchblicken, dass es in seiner Stadt durchaus zu weiteren rechtswidrigen Entscheidungen gekommen sein könnte. Er wie auch die Verbandsgemeinde seien der Meinung, dass Rechtsangelegenheit in den nichtöffentlichen Teil des Stadtrates gehören, „so ist das auch bisher gehandhabt worden“. Dass die Kommunalaufsicht das anders sehe, „ist nun so“.
Der ausgesetzte Beschluss des Stadtrates, auf Kosten der Stadtkasse den Bericht des Landesrechnungshofes anwaltlich überprüfen zu lassen, soll übrigens demnächst nachgeholt werden – im öffentlicher Sitzung.