Die folgende Geschichte klingt auf dem ersten Blick wie eine Lappalie. Erst wenn wir genauer hinschauen, sehen wir, wie durchtrieben Marcus Held die finanziellen Möglichkeiten seiner Stadt dazu benutzt, Menschen an sich zu binden. Er macht’s im großen Stil – das haben wir bei seinen Immobiliengeschäften in Krämereck erfahren –, er macht’s aber auch im Kleinen: So vergibt er zum Beispiel in der Stadt jede Menge kleinerer Jobs, die er aus der Stadtkasse bezahlt. Das macht Menschen abhängig. In jedem Fall dankbar. So bindet man sie an sich. Das ist sein Ziel.
Es sieht aus wie eine nette Geste. Es ist aber nicht nett: Es ist das Plündern der Stadtkasse, das Erkaufen von persönlichem Wohlgefallen auf Kosten der Allgemeinheit.
Im Falle Oppenheim zudem finanziert auf Pump.
Der Landesrechnungshof (LRH) nennt ein konkretes Beispiel: Er moniert in seinem Bericht den regelmäßigen Einsatz von acht Schülerlotsen.
Das ist zunächst einmal die nüchterne Nachricht, und beim ersten Lesen klingt’s sicher kleinkariert. Doch dann erfahren wir:
Die Rede ist nicht von Helfern, wie man sie vielerorts kennt: die einen freiwilligen Dienst an der Gemeinheit erbringen und Kindern beim Überqueren gefährlicher Straßenkreuzungen helfen. Die Rede ist nicht von engagierten Mitmenschen, die uneigennützig den Verkehr an Gefahrenstellen kontrollieren und Autos anhalten, damit Jungen und Mädchen nicht von Autos überfahren werden.
In Oppenheim hat Marcus Held dafür gesorgt, dass der ehrenamtliche Dienst bezahlt wird. Die acht Schülerlotsen kosten die Stadt 40.000 Euro im Jahr. Macht 5.000 Euro pro Schülerlotsen.
Und das finden die Rechnungsprüfer überzogen, ja völlig ungerechtfertigt. Sie begründen das auch sehr einleuchtend:
Erstens sei der Schülerlotsendienst in einer ministeriellen Verwaltungsvorschrift ganz eindeutig geregelt: Danach sind die Dienste ehrenamtlich, und sie müssen von den Schulen organisiert werden.
Schülerlotsen sollen zudem nur dort eingesetzt werden, wo Jungen und Mädchen in Schulnähe oder auf dem Schulweg beim Überqueren der Straße besonders gefährdet sind.
In Oppenheim wurde diese recht klare Vorschrift unter Stadtbürgermeister Marcus Held völlig anders geregelt: Nicht die Schulen setzte die Schülerlotsen ein, sondern die Kommune. Und der Dienst ist auch nicht ehrenamtlich-unbezahlt, sondern wird von der Stadt bezahlt – wie gesagt, mit 40.000 Euro im Jahr. Macht etwas mehr als 400 Euro im Monat – pro Schülerlotse.
Die städtischen Oppenheimer Schülerlotsen stehen auch nicht, das ist ein zweiter Kritikpunkt des Rechnungshofes, nur an gefährlichen Kreuzungen. Sie postierten sich zum Beispiel, so fanden die Prüfer heraus, an einem Straßenübergang, der mit einer Fußgängerampel gesichert ist. Und auch an einer Unterführung unter der B 9, wo sie nur aufpassen, dass die Kinder auf dem Fußweg blieben.
Die Rechnungsprüfer sprechen Klartext: „Allgemeine Angstminderung und Wohlverhaltenskontrolle bei Schülern vermag eine freiwillige kommunale Leistung vor allem dann wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen, wenn die Kommune notorisch gegen das Haushaltsausgleichgebot nach § 93 Abs. 4 Gemeindeordnung verstößt.“
Soll heißen: Es ist nicht Aufgabe der Stadtverwaltung, darauf zu achten, dass sich Kinder gut benehmen. Dafür auch noch Geld auszugeben, obwohl man total in den Miesen steckt: Das geht gar nicht!
In seiner Stellungnahme schiebt Marcus Held auch hier wieder alle Schuld auf die VG-Verwaltung seines bisherigen SPD-Parteifreundes Klaus Penzer: „Die aufgeführte Verordnung des Landes Rheinland-Pfalz war der Stadt nicht bekannt. Sie wurde von Seiten der VG-Verwaltung der Stadt auch nicht vorgelegt.“ Man werde im Stadtrat vorschlagen, die Aufgaben der Schülerlotsen an die Schulen zu übertragen. Der finanzielle Aufwand der Stadt solle „deutlich verringert“ werden.