Wilhelm Busch & Die Krankmeldung

Marcus Held auf dem Rückzug: Er ging zum Arzt und nicht mehr zur Arbeit. Zu unserem Blogbeitrag „Staatsanwalt ermittelt: Marcus Held meldet sich krank“ verfasste der Dichter „Wilhelm Busch“ Gedicht Nr. 10.

Die Krankmeldung

Ist krank ein Mensch an Leib und Seel‘
verbietet sich’s, dass man ihn quäl‘
mit Demos und mit Transparenten,
sonst könnt‘ die Krankheit böse enden.

Lasst ruhen ihn auf weichen Pfühl,
bezeugt ihm auch mal Mitgefühl,
dass er zum Wohle eurer Stadt
sich derart aufgeopfert hat.

Und gerne wird er auch mal lesen,
dass ihr ihm wünschet, zu genesen,
um nach den Bürgermeistertagen
beruflich Neuanfang zu wagen.

Denn er nimmt grade Medizin,
die zur Katharsis führet hin.
Bei seiner Krankheit nützen nur
die Heilungskräfte der Natur.

Das Kräutlein „Demut“, fein dosiert,
zur Heilung von der Hybris führt.
Ein „Wahrheitstee“, genug gezogen,
bringt Rettung für den Pseudologen.

Ein Blatt vom Baum „Genügsamkeit“
von Sucht nach Steuergeld befreit,
und isst er einen „Rechtsstaats“Pilz,
wird er immun auch gegen Filz.

Mit dieser Bio-Therapie
wird der Patient gesund wie nie:
Er kann – was keiner sich ließ träumen –
von Stund‘ an Fehler auch einräumen.

Und immer stellt er alles dar,
wie es in Wirklichkeit auch war.
Er arbeitet mit eignen Händen
statt Steuergelder zu verschwenden.

Und tritt bei ihm ins Haus hinein
der rote Hengst von Uelversheim,
um ein Geschäft ihm vorzuschlagen,
so wird er mahnend zu ihm sagen:

„Der ‚Rechtsstaats’Pilz wirkt noch in mir,
drum muss ich offenbaren Dir,
dass ich mich nie mehr lass‘ verführen
rechtlos mit Dir zu kontrahieren!“

Und so genesen, sieht er ein:
„Ich kann nicht Bürgermeister sein“.
Denn meine schwere Krankheit hatt‘
zu schlimme Folgen für die Stadt.

Er sucht und findet dann ganz schnell
als Anwalt eine gute Stell‘
und wird dann von sich reden machen
als Spezialist für Untreu-Sachen.

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