Mit Wasser & Brot und Montags-Demo: Oppenheim erhebt sich

Der Oppenheim-Skandal nimmt kein Ende. Die Affären von Stadtbürgermeister Marcus Held mischen die rheinhessische Stadt in nie erlebter Weise auf. Protestveranstaltungen, Parteien-Klamauk und jetzt auch noch die Polizei: In unserem Wochenrückblick haben wir außergewöhnlich viel zu erzählen. Deshalb diesmal drei Teile – hier Folge 1: Alle Infos zu den morgen anstehenden Neujahrsempfängen – und ganz viele neue Nachrichten zur am Montag folgenden 2. Oppenheimer Anti-Held-Demonstration.

Frohes Neues: Mit Wasser und Brot in eine bessere Zukunft

An diesem Sonntag, 14. Januar 2018, finden in Oppenheim zwei städtische Neujahrsempfänge statt – zeitgleich um 14.30 Uhr:

Zunächst, natürlich, der offizielle Festakt in der Landskronhalle. Hier lädt die (gut bezahlte) ehrenamtliche Stadtführung ein, die bei dieser Gelegenheit allen anderen (wirklich) ehrenamtlich tätigen Mitbürgern danken will. Der SPD-Stadtbürgermeister verspricht einen festlichen Nachmittag mit Sternsingern, Jugendmusikern, Ehrengästen und Kaffee und Kuchen, alles umsonst: Marcus Held zahlt – kostet ja nix, das Geld nimmt er sich wie gewohnt aus der Stadtkasse.

Daneben findet im Hotel Merian der erste alternative Neujahrsempfang in der Geschichte der Stadt Oppenheim statt. Dahinter steht ein mittlerweile breites Bündnis: 25 Bürgerinnen und Bürger der Stadt laden ein, die meisten sind Mandatsträger im Stadtrat und Verbandsgemeinderat Rhein-Selz, einige gehören den Vorständen von AL, CDU, FDP und den Grünen an, einige sind parteilos.

Die bunte Polit-Mischung garantiert, dass keine parteipolitisch gefärbte Veranstaltung droht. Gewünscht ist vielmehr eine Begegnung zum Gedankenaustausch von Bürgern, die die Sorge um die Zukunft ihres Gemeinwesens vereint: So könne es doch nicht weitergehen, heißt es, mit einem Stadtbürgermeister, der wiederholt rechtswidrig handelte, seine gesetzlichen Pflichten nicht erfüllt, Weisungen der Aufsichtsbehörden ignoriert und gegen den bereits die Staatsanwaltschaft ermittelt – kurz: der weiterhin Geld der öffentlichen Hand mit beiden Hände ausgibt, dies trotz eines unübersehbaren Schuldenbergs, der die Stadt bald zu erdrücken droht…

Auf das gewohnte Brimborium wird bei diesem Neujahrsempfang verzichtet, nur Wasser und Brot werden gereicht: Symbole der Sparsamkeit, Zeichen gegen die Verschwendungssucht der Stadtführung. Auf Leckereien muss allerdings keiner verzichten, die Hotelküche steht bereit, nur muss jeder selbst bezahlen.

Deutlich mehr als hundert Anmeldungen haben die Parteivorsitzenden Raimund Darmstadt (AL) und Peter Pfau (CDU) bereits vorliegen, und sie rechnen damit, dass jede Menge Bürger unangemeldet vorbeischauen werden: Sie sind willkommen!

Also: Frohes Neues allseits! Oppenheim startet ins Jahr 2018 – es wird, das kann man ohne prophetische Gabe vorhersagen, ein spannendes, ein schwieriges Jahr werden.

Demo I: Trillern und trommeln gegen den Stadtbürgermeister

Montag ist dann wieder Montags-Demo in Oppenheim: Zum zweiten Mal soll gegen die Politik von Stadtbürgermeister Marcus Held protestiert werden, auf dass er endlich Einsicht zeige und zurücktrete. Axel Dahlem, der Demo-Initiator, hat nach den Erfahrungen des letzten Montags nachjustiert: Der Protest beginnt diesmal erst um 18 Uhr und soll gut eine Stunde dauern. „Zur Unterstützung können gerne Transparente, Trillerpfeifen und Trommeln mitgebracht werden“, so Dahlem.

Demo II: Jetzt mit eigener Facebook-Seite

Axel Dahlem in einem Fernsehbeitrag über die erste Montags-Demonstration in Oppenheim.

Axel Dahlem, Vater von zwei Kindern, politisch nicht festgelegt (parteilos), im Hauptberuf Winzer: Es war letzten Montag nicht nur die allererste Demo seines Lebens, die er organisiert hat. Es war überhaupt die erste Demo, die er in seinem 43 Jahre alten Leben unmittelbar miterlebte. Deshalb: Es wirkte vielleicht einiges desorganisiert, aber in dieser Unperfektion auch wieder sympathisch-ehrlich, überzeugend. Und Dahlem, mittlerweile unterstützt von vielen Freunden, lernt dazu. Eine Facebookseite ist eingerichtet: Liken, teilen, abonnieren – das ist ab sofort Pflicht für jeden Oppenheimer, der Oppenheim liebt!

Demo III: Wenn das „wir“ sich erst einmal findet...

Oppenheim bewegt sich, können wir feststellen, und diesmal geht’s nicht ums Geldabgreifen wie bei dem ominösen Verein namens „Oppenheim bewegt“: Es ist faszinierend zu beobachten, wie sich Menschen, die sich bisher nicht kannten, zusammenfinden, gelenkt vom Wunsch, ihre Stadt wieder in geordnete Bahnen zu bringen.

Oppenheimer entdecken Oppenheimer – für Oppenheim: Es vereint sie die Überzeugung, dass ein Marcus Held diese Stadt nicht nur finanziell ruiniert hat, sondern auch innerlich zu zerstören droht. Und deshalb dringend gestoppt werden muss: Damit Oppenheim überlebt.

Die Menschen finden sich, es ist wie eine Welle: Einige formulieren den Text für Handzettel, andere druckten sie, wieder andere verteilten sie. Und immer mehr Geschäftsleute erklären sich bereit, sie auszulegen: Ein neues Gemeinschaftsgefühl ist entstanden, das sich nicht allein im „Wir sind gegen Marcus Held“ ausdrückt, sondern auch in einer Verantwortung für das kleine Gemeinwesen: „Wir sind für Oppenheim“.

Das Gefühl könnte womöglich noch stark werden: „Wir sind Oppenheim!“

„Wir sind das Volk“ hat schließlich auch über die Hybris vermeintlich Allmächtiger obsiegt.

Demo IV: Strafanzeige gegen heimlichen Video-Filmer

Wird schon die erste Oppenheimer Montags-Demo ein Fall für die Staatsanwaltschaft? Aufmerksame Leser dieser Webseite wissen bereits: In Kommentaren wird berichtet, dass die Anti-Held-Demo vorm Rathaus von einem Mann aus einem Haus in der Merianstraße heraus über längere Zeit hinweg gefilmt wurde. Auch aus dem Dachgeschoss eines Hauses in der Krämerstraße habe es Filmaufnahmen gegeben. Was den/die heimlichen Filmemacher dazu veranlasst haben könnte? Völlig offen. Natürlich wurde gleich gemutmaßt, dass die SPD dahinterstecke, wahrscheinlich sogar der Stadtbürgermeister, dem man irgendwie alles zutraut, und der auch immer genau wisse wolle, wer für ihn und wer gegen ihn sei…

Reine Mutmaßungen sind das, durch nichts belegt. Fakt ist lediglich:

„Das Ablichten einer Person, die sich als Teilnehmer einer Versammlung oder lediglich zufällig in der Öffentlichkeit befindet, wird als ein unzulässiger Eingriff in das durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht bewertet, wessen Ausprägung das Recht am eigenen Bild ist.“

Das schreibt Kristina Bairova im Internet-Blog „Recht am Bild“. Und sie führt weiter aus:

In seinem Beschluss vom 16.10.2014 erklärte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Az.: 10 ZB 13.2620) das Aufnehmen von Gegendemonstranten, opponierenden Teilnehmern und unbeteiligten Personen im vorliegenden Fall für unzulässig.“

Rechtlich ist damit alles klar, und deshalb könnte die Spitzel-Aktion bei der ersten Oppenheimer Montags-Demo noch ein juristisches Nachspiel haben:

In der Oppenheimer Polizeiinspektion ist inzwischen eine Strafanzeige gegen Unbekannt eingegangen: Ein Demonstrationsteilnehmer fühlte sich durch den unbekannten Filmer in der Merianstraße in seinen Grundrechten beschnitten und erstattete – unter Benennung von mehreren Zeugen – Strafanzeige gegen den Mann mit der Videokamera. Auch forderte er zu klären, in wessen Auftrag der Mann die Teilnehmer der Kundgebung gefilmt habe.

Die Polizei wird die Staatsanwaltschaft in Mainz einschalten, ein Vorgang wird angelegt, ein Aktenzeichen wird vergeben, Ermittlungen werden aufgenommen: Oppenheim wird „dank“ seines Skandal-Bürgermeisters so schnell nicht zur Ruhe kommen.

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