Von A(briss) bis Z(ombie): Die Held-Woche im Rückblick

Was war das nur für eine Woche für Marcus Held! Für den skandalumtosten Stadtbürgermeister von Oppenheim fing sie eigentlich ganz gut an – und endete dann doch in einem Desaster: Hatte er sich zur Wochenmitte noch im Himmel wohlwollender medialer Beachtung wähnen dürfen, wurde er zum Wochenende brutal auf den Boden der Tatsachen geschubst.

Das schmerzt!

Der vorläufige Tiefpunkt war an diesem Samstag (26.08.) erreicht, als Held morgens den überregionalen Teil „seiner“ Zeitung aufschlug: Beim Sommerfest der Verlagsgruppe Rhein-Main (VRM) hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete zwar noch dabei sein dürfen. Doch keines der vielen Fotos auf der großen Doppelseite in der „Allgemeinen Zeitung“ zeigte ihn. Lediglich sein Name wurde im langen Text erwähnt, und dabei machte man sich auch noch lustig über ihn: Er, Held, schaue „munter, so, als wer­de er nie­mals von ir­gend­je­man­dem im Re­gen ste­hen ge­las­sen“.

Wenn zu all dem Ärger mit Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden, der ihn derzeit plagt, auch noch unterschwelliger Hohn der Medien hinzukommt: Das tut echt weh, vor allem einer stets nach Anerkennung und Aufmerksamkeit lechzenden Politiker-Seele!

Dabei hatte die Woche so gut angefangen – auch und gerade wegen dieser Zeitung: Helds Lieblingsredakteur Ulrich G. war aus dem Urlaub zurück. Und endlich, endlich konnte sich der Stadtbürgermeister wieder im Blatt ausbreiten: Er durfte unwidersprochen erklären, wie die Oppenheimer ihre Welt zu verstehen hätten. Ob es nun um den teuren Gradinger-Abriss ging oder die ominöse Tourismus-GmbH: Frei von Recherche-Ansätzen und nerviger Kritik berichtete die Zeitung über ihre Gespräche mit dem Stadtbürgermeister: Wie schön ist das denn! Das freut einen Held, mit solchen Journalisten spricht er nur zu gerne und auch ausführlich (andere, die anders denken, straft er mit Nichtbeachtung und Nichtbeantwortung ihrer Fragen ab, wir haben’s selbst erfahren).

Gehen wir chronologisch durch die letzten Tage, das macht’s angesichts der Fülle der Vorkommnisse etwas übersichtlicher:

Vorletzte Woche, wir erinnern uns, hatte der Stadtrat im Rathaus getagt und sich mit all den unschönen Themen befassen müssen, die auf dieser Webseite erstmals an die Öffentlichkeit gebracht worden waren:

  • Der Stadtbürgermeister fällt seit Monaten Eilentscheidungen am Fließband, er umgeht damit das lokale Parlament, er entmündigt die Ratsmitglieder (mehr hier): Das ist ein klarer Verstoß gegen die Gemeindeordnung, von der rheinland-pfälzischen Verwaltungsgerichtsbarkeit wiederholt und in ständiger Rechtsprechung als rechtswidrig kassiert!
  • Die Kosten für den Gradinger-Abriss sind gewaltig angestiegen, der Stadtrat erfuhr lange nichts davon (mehr hier): Sind die von Held vollmundig versprochenen preisgünstigen Wohnungen überhaupt noch realisierbar? Und kann sich die Stadt überhaupt der vollständigen Abwälzung der entstandenen (und weiter entstehenden) Mehrkosten auf das Land Rheinland-Pfalz und GWG/HGO sicher sein?
  • Der Stadtbürgermeister hat seit Jahren keine Berichte über die Beteiligung der Stadt an Unternehmen erstellt (mehr hier): Auch das ist eindeutig ein Verstoß gegen die Gemeindeordnung!
  • Die Tourismus GmbH, an der die Stadt nur eine Minderheitsbeteiligung hält, behält ohne Erlaubnis des Stadtrats die Gelder aus den Kellerführungen ein (mehr hier): Das könnte sogar noch ein weiterer Fall für den Staatsanwalt werden!

Am Ende dieser Woche können wir festhalten: Eilentscheidungen am Fließband wird es künftig bestimmt nicht mehr geben. Marcus Held zeigte zwar wenig Verständnis für die Kritik an seinem Handeln (ein SPD-Mann nach der Ratssitzung: „Er reagierte wie ein Autofahrer, der mit Tempo 120 vor einer Grundschule geblitzt wird und der Polizei sagt, das sei doch nicht schlimm, er habe schließlich kein Kind überfahren.“). Diese offen zur Schau gestellte Missachtung von Rechtsvorschriften dürfte der SPD-Bundestagsabgeordnete aber sicher bald ablegen: Übergeordnete Behörden, die bei Helds wiederholt rechtswidrigem Handeln kaum länger wegschauen können, werden bestimmt darauf achten, dass Eilentscheidungen die Ausnahme bleiben. Zumal wenn unter der neugewählten Landrätin die Kommunalaufsicht wieder ihren Namen verdienen sollte.

Dass die Kosten beim Gradinger-Abriss von geplanten 600.000 bis jetzt auf über 900.000 Euro angestiegen sind – die Endabrechnung liegt noch nicht vor –, dürfte Held doppelt schmerzen: Als Stadtbürgermeister hat er die Kosten-Explosion zu verantworten. Als Chef der GWG/HGO, die dort ein Mehrfamilienhaus bauen will, muss er nun eine erhebliche Steigerung der Projektkosten verkraften. „Es wird eng, noch enger“, schrieb die Zeitung am Donnerstag und räumte Held viel Platz ein, seine Sicht der Dinge zu erklären. Hier deutete der Stadtbürgermeister erstmals an, was Immobilienexperten längst ahnen: Helds Reden vom sozialen Wohnungsbau sei nur Polit-Getöse; wahrscheinlicher sei, dass ein Großteil der geplanten Wohnungen verkauft werde – was Held wohl erst nach der Bundestagswahl eingestehen werde. Und schließlich: Ob der auf die Stadt entfallende Mehrkostenanteil tatsächlich durch (Mehr-) Zuschüsse des Landes Rheinland-Pfalz gedeckt wird – auch hier fehlt es an klaren Antworten und Nachweisen.

Die bisher nicht erstellten Beteiligungsberichte, der nächste Verstoß gegen die Gemeindeordnung, hat der Tourismus-Beigeordnete Helmut Krethe inzwischen nachgereicht. Er habe in der Ratssitzung ziemlich kleinlaut gewirkt, sagen anwesende Zuschauer. Der frühere CDU-Mann habe alle Schuld auf sich genommen, vermutlich, um den SPD-Stadtbürgermeister zu schonen: Der habe schließlich schon genug Ärger am Hals – Rechnungshof, Staatsanwaltschaft usw. usf.

Dennoch bleiben die Probleme mit der Tourismus GmbH, auch wenn das Thema in dieser Woche ebenfalls ganz groß in der Zeitung ausgebreitet wurde – ausschließlich aus Sicht des Stadtbürgermeisters. Für den sind die rechtlichen Probleme, wen wundert’s, natürlich gar keine. Leider fragte der Redakteur mit keinem Wort nach, warum Gelder in sechsstelliger Höhe, die eigentlich der Stadtkasse zustehen, von der GmbH einbehalten werden – ohne Ratsbeschluss und ohne einen entsprechenden Vertrag, also auch hier: rechtswidrig.

Der Tourismus-PR-Artikel erschien am Mittwoch in der „Allgemeinen Zeitung“, dann kam der Donnerstag mit dem AZ-Artikel zum Gradinger-Abriss: Die Welt schien in Ordnung in Oppenheim, jedenfalls für Marcus Held, er hatte die Deutungshoheit in der Zeitung vermeintlich zurückgewonnen…

…und dann poppten die weniger schönen Nachrichten auf:

Marcus Held wollte juristisch gegen diese Webseite vorgehen, so wie er schon dem Wormser Stadtmagazin untersagt hatte, einen kritischen Artikel über ihn zu veröffentlichen. Die Masche ist bekannt: Mit Hilfe von (bezahlten) Juristen wird versucht, Andersdenkende mundtot zu machen und kritischen Journalismus zu unterdrücken. Gradlinige Politiker meiden diesen Weg, würden sie sich doch dem Vorwurf aussetzen, das zu tun, was sie in anderen Ländern lauthals monieren: die Pressefreiheit auszuhebeln. Einen Marcus Held ficht so etwas nicht an: Er wandte sich an seinen Berliner Rechtsanwalt, fing sich von dem allerdings prompt eine herbe Abfuhr ein (mehr hier).

Das war nur der Auftakt. Schlag auf Schlag ging’s weiter: Die CDU beendete ihre Kooperation im Stadtrat mit der SPD. Offiziell und richtig öffentlichkeitswirksam, sogar in den sozialen Medien, und auch Helds Lieblingszeitung berichtete ganz groß. „Fast täglich neue Vorwürfe gegen Held“, „vergiftetes Klima“, „das Vertrauensverhältnis erheblich erschüttert“: Was die CDU vortrug und was der Stadtbürgermeister über seinen Politikstil lesen musste, das war richtig harter Tobak.

In SPD-Kreisen hieß es, dass Held mehr als das Ende der unsinnigen Koalition – die SPD hat auch ohne CDU die Mehrheit im Stadtrat – ein ganz anderer Umstand stark geärgert habe: dass nämlich die CDU ihren Beschluss schon am Montagabend gefasst und er nicht umgehend davon erfahren habe. Tatsächlich war tagelang kein Wort aus der Sitzung nach draußen gedrungen. Oppenheims CDU-Chef Peter Pfau hatte seine Mitglieder um Verschwiegenheit gebeten: Man wolle trotz alledem anständig bleiben, hatte er argumentiert, die SPD solle die Nachricht zuerst und direkt erfahren. Es funktionierte: Die CDU-Leuten hielten sich an die Vereinbarung. Keiner plauderte.

Ein Foto mit Symbolkraft: Marcus Held hat ganz Oppenheim unter Kontrolle, den Friedhof gleich mehrfach.

Schließlich, als wäre all das noch nicht genug, der Gipfel der Unbotmäßigkeit, zumindest im Verständnis des Oppenheimer Souveräns: Die Zeitung – seine Zeitung! – zeigte ein richtig fieses Foto, das angeblich Leser gemacht hatten: Wie Marcus Held über die Friedhofsmauer luschert. Wie seine Wahlkampf-Poster-Visage, aus der Grafiker am Computer alle Lebensspuren herausbügelt haben und die sein Gesicht zombiehaft prall und platt aussehen lässt, die Toten und ihre Besucher observiert.

Es heißt zwar immer wieder, dass niemand unbesehen durch Oppenheim fahren kann, ohne dass dies Held umgehend zugetragen wird. Aber eine Darstellung, wonach er, der Stadtbürgermeister, die Oppenheimer sogar posthum überwache, war denn doch einen Tick zu viel!

Die Zeitung rückte anderntags, am heutigen Samstag, schleunigst gerade: Das Plakat hätte natürlich zur Straße zeigen müssen, möglicherweise sei ein Windstoß Schuld, theoretisch könnte das Plakat auch gezielt so verdreht worden sein. Und dann wurde, natürlich, wieder dem Stadtbürgermeister das Wort erteilt:

„In jedem Fall werden wir die Sache umgehend gerade rücken.“ So sprach Marcus Held, er meint natürlich: in diesem Fall…

2 Kommentare zu „Von A(briss) bis Z(ombie): Die Held-Woche im Rückblick“

  1. Ein schöner weiterer Artikel, der so viel von den Verstrickungen in Oppenheim und der „4-ten“ Staatsgewalt zeigt. Wir brauchen diese Berichterstattung – gerade auch vor Wahlen.

  2. Big Brother is watching you…

    Da die Friedhofsruhe mit einer inneren Einkehr für die Verbliebenen gleichzusetzen ist, sind Wahlplakate störend und äußerst beschämend.

    Warum wird am Friedhof überhaupt plakatiert?
    Gibt es hierzu in Oppenheim keine geregelten Vereinburgen?

    Vielerorts wird doch genau hierauf ganz bewusst verzichtet.

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