Am 30. Mai des letzten Jahres wurde vom Rechnungs- und Gemeindeprüfungsamt bei der Kreisverwaltung in Ingelheim ein Protokoll geschrieben. Es ist betitelt mit „Niederschrift über das Ergebnis der überörtlichen Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsprüfung der Stadt Oppenheim für die Haushaltsjahre 2008 – 2013“.
Wir veröffentlichen daraus das Kapitel, bei dem es um eine Stelle geht, die es eigentlich nicht geben dürfte. Es handelt sich um die Stelle des Rathaus-Mitarbeiters, der damals als Parkplatzwächter eingestellt wurde und sich heute um die Anwohner-Parkausweise kümmert. Inzwischen – das war den Prüfern im letzten Jahr nicht bekannt – arbeitet er nicht mehr nur zehn, sondern 30 Stunden/Woche (0,67 Stelle).
Das Kapitel schließt mit einem Satz, der an den Stadtbürgermeister von Oppenheim gerichtet ist und den in dieser Form jeder normale Jurist als ehrenrührige Beleidigung auffassen würde:
Die gesetzlichen Bestimmungen sind zukünftig zu beachten.
Die hier veröffentlichte Kapitel hat die Überschrift:
Nichtbeachtung von „kw“ Vermerken und Beanstandungen der Kommunalaufsicht in Haushaltsverfügungen des Landkreises.
„kw“, das vorab zur Erklärung, ist eine Abkürzung im Verwaltungsschreiben, sie bedeutet „kann wegfallen“.
Der Auszug aus dem Protokoll im Wortlaut:
Ein Beschäftigter wurde ab 01.04.2007 für die Dauer von 6 Monaten für anfallende Mehrarbeit im Vorzimmer des Bürgermeisters der Stadt mit einer wöchentlichen Teilarbeitszeit von 10 Stunden eingestellt. Der Arbeitsvertrag wurde anschließend aus dem gleichen Sachgrund zwei Mal befristet, und zwar jeweils um 1 Jahr verlängert.
Nach einer erneuten Verlängerung, die aus einem anderen Sachgrund (angegeben in der Fußnote: wegen Verpflichtung aus einem Vertrag über die Verpachtung von Parkplätzen gegenüber einem Unternehmen die Verordnungen und die Überwachung des ruhenden Verkehrs im Altstadtbereich zu organisieren, Anm. d. Verf.) für 3 Jahre bis 30.09.2012 erfolgte, wurde der Vertrag anschließend ohne konkreten Sachgrund für 2 weitere Jahre bis zum 30.09.2014 verlängert.
Vor der letzten Verlängerung des Arbeitsvertrages hatte die Verbandsgemeindeverwaltung die Stadt bereits auf die bestandskräftige Verfügung der Kommunalaufsicht zur Genehmigung des Haushaltsplanes für das Jahr 2012 hingewiesen, wonach in Bezug auf den Stellenplan die Personalaufwendungen nur auf den unabdingbar notwendigen Bedarf zu beschränken waren, die Stelle des Beschäftigten mit dem „kw 09/12“ Vermerk (Anm. der Red.: kw = kann wegfallen) versehen war und demzufolge eine Weiterbeschäftigung – auch befristet – nicht möglich sei, da diese ansonsten zur Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses führen würde.
Trotz des Hinweises der Verbandsgemeindeverwaltung wurde der Arbeitsvertrag verlängert. Vor Ablauf des Vertrages unternahm der Stadtbürgermeister Anstrengungen, eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen zu erreichen. Laut Aussage des Stadtbürgermeisters lehnte der Beschäftigte dies ab und kündigte an, im Bedarfsfall auch juristisch gegen die Kommune vorgehen zu wollen.
Daraufhin holte der Stadtbürgermeister ein arbeitsrechtliches Gutachten, das vom 10.07.2014 datiert und zum gleichen Ergebnis wie bereits 2 Jahre zuvor die Verbandsgemeindeverwaltung kam, wonach das Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes fortzusetzen war, ein. Anschließend wurde per Änderungsvertrag ab 1.10.2014 die Fortsetzung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorgenommen. Der Haushaltsplanung für das Jahr 2015 zufolge ist die Ausweisung der Stelle nunmehr ohne „kw“ Vermerk erfolgt.
Ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist eine kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages nur bis zur Dauer von 2 Jahren zulässig (§ 14, Abs 2, 1. HS. Teilzeit- und Befristungsgesetz). Der Änderungsvertrag zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis 30.09.2014 wurde in Kenntnis des „kw 09/12“ Vermerkes sowie des Hinweises der Verbandsgemeindeverwaltung am 05.09.2012 geschlossen und führte zur unbefristeten Einstellung des Beschäftigten.
Der für ein halbes Jahr befristete Arbeitsvertrag des Beschäftigten wurde mit Datum vom 23.11.2007, um 1 Jahr, und zwar bis 30.09.2008 verlängert. Weder in der Doppelhaushaltsplanung für die Jahre 2008/2009 noch in den vier darauf folgenden Nachtragsplänen beider Jahre wurde der Beschäftigte im Stellenplan ausgewiesen. Der Beschäftigte wurde erstmals im Stellenplan des Haushaltsplanes für das Jahr 2010 anteilig seiner regelmäßigen Wochenarbeitszeit (0,26) aufgeführt. Seitens der Kommunalaufsicht wurde um die Vorlage einer Stellenbewertung gebeten. Dieser Aufforderung kam die Stadt bis heute nicht nach.
Eine vorläufige Beanstandung der Stelle durch die Kommunalaufsicht erfolgte im Rahmen der Haushaltsverfügung für das Jahr 2011. Im Zuge der 1. Nachtragshaushaltsverfügung wurde die durch die Stadt vertretende Auffassung zur Unabweisbarkeit der Stelle nicht geteilt und gefordert, diese mit einem „kw“ Vermerk zum nächstmöglichen Zeitpunkt (spätestens 09/2012) zu versehen. In der Verfügung vom 30.11.2012 zum 1. Nachtragshaushaltsplan 2012 wies die Kommunalaufsicht erneut auf ihre Auffassung zur Unabweisbarkeit der inzwischen mit dem zu beachtenden „09/2012“ Vermerk ausgestatteten, aber immer noch besetzten Stelle, hin.
Im darauffolgenden Jahr wurde die Position, da inzwischen der Arbeitsvertrag bis 30.09.2014 verlängert und dies mit der unbefristeten Einstellung des Beschäftigten einhergegangen war, trotzdem noch mit einem „kw 09/2014“ Vermerk versehen. Die Ausweisungen der Stelle wurden in den Haushaltsverfügungen für die Jahre 2013 und 2014 jeweils beanstandet.
Seit dem Erlass der 2. Nachtragsplanung für das Jahr 2014 wird die Stelle nicht mehr mit einem „kw“ Vermerk ausgestattet. In der Haushaltsverfügung 2016 hat die Kommunalaufsicht mit Zustimmung des Stadtbürgermeisters die neuerliche Ausweisung der Stelle vor dem Hintergrund, dass hiermit eine mit dem Ausscheiden eines Beschäftigten des Bauhofes verbundene Reduzierung des Personalbestandes vermieden wird, mit der auflösenden Bedingung beanstandet, dass zum nächstmöglichen Zeitpunkt ein „kw“ Vermerk wieder angebracht wird.
Für befristet Beschäftigte ist die Ausweisung einer Stelle im Stellenplan erforderlich, sofern die Befristung die Dauer eines Jahres übersteigt (§ 5 Abs. 1 S.1 1. HS GemHVO). Die Kommune ist dieser Verpflichtung im Rahmen der Doppelhaushaltsplanung sowie den darauf folgenden vier Nachtragsplänen beider Jahre nicht nachgekommen.
Die gesetzlichen Bestimmungen sind zukünftig zu beachten.
‚Die gesetzlichen Bestimmungen sind zukünftig zu beachten.‘
Werter Herr Held, da sie hier sicher mitlesen, gestatten Sie mir eine Frage:“Wann gedachten,und gedenken Sie denn dieser eigentlich Kraft Ihrer Ausbildung und Ihres Amtes selbstverständlichen Aufforderung in Ihrem Handeln konkret umzusetzen?“