Es war nicht ganz einfach, das geben wir zu. Kürzlich hatten wir enthüllt, dass das Innenministerium in Mainz die Bitte von Oppenheims Stadtbürgermeister Marcus Held um mehr Zuschüsse zum Gradinger-Abbruch schriftlich auf die lange Bank geschoben habe. Etliche Leser dieser Webseite fragten daraufhin nach, ob ein solcher Brief wirklich existiere und ob man den genauen Wortlaut erfahren könne. Na klar, haben wir gesagt. Das Schreiben wird zwar strengstens unter Verschluss gehalten, aber gute Journalisten hält bekanntlich nichts auf 😉
Es war, wie gesagt, nicht ganz einfach. Am Ende reichte ein kleines Loch in der Verwaltung. Marcus Held und sein Parteifreund Klaus Penzer von der Verbandsgemeinde Rhein-Selz werden jetzt vermutlich klagen: „Der GAU! Schon wieder ein Leak in Oppenheim!“ Aber manchmal geht es halt nur so: Das Originalschreiben liegt uns jetzt in Kopie vor (siehe Foto rechts).
Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Stadtbürgermeister Marcus Held hatte den Brief bisher sorgsam vor der Öffentlichkeit versteckt gehalten, aus gutem Grund: Die Kosten beim Gradinger-Projekt laufen ihm völlig aus dem Ruder – und das Schreiben aus Mainz deutet darauf hin, dass die Landesbehörden nicht bereit sind, Oppenheimer Fehl-Kalkulation wie von Held gewünscht „einfach mal so“ mit Steuergeldern auszugleichen.
Eine solche Zurückweisung mag ein Politiker gar nicht gerne, schon gar nicht kurz vor einer Wahl…
Marcus Held hat das Kosten-Desaster ebenso wie die unschöne Botschaft aus Mainz lange zurückgehalten, ja, er informierte nicht einmal den verantwortlichen Stadtrat. Spätestens seit Mitte April weiß er ganz genau, dass der Gradinger-Abbruch mindestens 50 Prozent teurer wird als geplant. Doch er schwieg.
Im Mai wurde er bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier vorstellig: Er bat um mehr Geld – und blitzte ab.
Am 7. Juni schrieb er an das Innenministerium in Mainz einen weiteren Bittbrief.
An eben diesem 7. Juni tagte auch der Oppenheimer Stadtrat. Wieder informierte der Stadtbürgermeister sein Rathaus-Parlament nicht: Kein Wort verlor er über das Gradinger-Dilemma.
Am 11. August dokumentierte diese Webseite erstmals alle Zahlen und Fakten zur Kostenexplosion beim Gradinger-Projekt: Danmit war öffentlich, dass das Abbruchunternehmen statt geplanter 600.000 bereits mehr als 900.000 Euro von der Stadt Oppenheim verlangte. Vier Tage nach dieser Schock-Nachricht tagte erneut der Stadtrat, und erst an diesem 15. August gestand Held den gewählten Bürgervertretern die ganze Wahrheit ein.
Drei Tage später, am 18. August, wurde in Mainz der Berief abgeschickt, auf den Held offenbar gesetzt hatte. Aber statt der erhofften Bewilligung neuer Zuschüsse bekam er zur Antwort, er möge erst einmal weitere Unterlagen einreichen. Und zum Beispiel prüfen, ob die Familie Gradinger nicht herangezogen werden könne: Die habe schließlich der Stadt das mit Schadstoffen hochbelastete Gebäude verkauft.
Aktenzeichen 17 537:383 – Randolf Stich hat den Brief unterzeichnet, er ist Staatssekretär im Innenministerium. Das ganze Schreiben im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Stadtbürgermeister Held,
mit Schreiben vom 07.06.2017 haben Sie auf Mehrkosten beim Rückbau des ehem. Möbelhauses Gradinger insbesondere auf Grund von beim Rückbau erkannten umfangreicheren Altlasten hingewiesen und um Prüfung einer höheren Förderung der Ordnungsmaßnahme gebeten.
In Ihrem Schreiben an die ADD vom 19.05.2017 hatten Sie vorgeschlagen, den bei Ordnungsmaßnahmen gebotenen Vorteilsausgleich in Anlehnung an die Berechnung eines Kostenerstattungsbetrages bei Modernisierungsmaßnahmen zu ermitteln. Eine solche Systematik wird in der Städtebauförderung zur Ermittlung des Vorteilsausgleichs nicht angewendet, sie ist nicht geeignet, eine sich aus der zukünftig besseren Nutzung ergebenden Bodenwertveränderung angemessen zu berücksichtigen. Ich verweise auf die Nebenbestimmung Nr. 3.1 des Bewilligungsbescheides vom 15.09.2015.
Die Stadt Oppenheim hatte das Grundstück im April 2016 von privater Seite erworben, Ich bitte zunächst in eigener Verantwortung zu prüfen, ob und inwieweit der Voreigentümer zur Deckung von zusätzlichen Kosten der Altlastenbeseitigung herangezogen werden kann. Das Ergebnis Ihrer Prüfung mit entsprechender Begründung bitte ich der Bewilligungsbehörde und der ADD zuzuleiten. Danach kann die Prüfung, ob eine Neuberechnung der zuwendungsfähigen Kosten für die Ordnungsmaßnahme möglich ist, fortgeführt werden.
Die ADD und die Verwaltung der Verbandsgemeinde Rhein-Selz haben einen Abdruck des Schreibens erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Randolf Stich
vielleicht sollten die absolut unnötigen Maklerkosten von Parteifreund(in) Menger zurückgefordert werden (ca. 40.000 Euro)???