Der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz prüft derzeit die Verwaltungsgeschäfte der Stadt Oppenheim, und er sichtet nach Darstellung der Verbandsgemeinde Rhein-Selz auch alle Unterlagen zum Groß-Thema „Oppenheim Tourismus GmbH“. Wie berichtet, behält die mehrheitlich privat geführte Firma die Erlöse aus dem Eintritt für das städtische Kellerlabyrinth-System ein – ohne dass ein entsprechender Nutzungsüberlassungsvertrag abgeschlossen worden wäre, und vor allem auch ohne Genehmigung des Stadtrates.
Als die GmbH Anfang 2013 ihre Arbeit aufnahm, saß die örtliche „Alternative Liste“ (AL) mit im Boot: Die SPD, die bei der Kommunalwahl zuvor die absolute Mehrheit verfehlt hatte, hatte die kleine Partei in eine Rathaus-Koalition geholt. AL-Chef Raimund Darmstadt wurde Tourismus-Beigeordneter, er vertrat die Stadt später im Aufsichtsrat der Tourismus GmbH – kraft Amtes, wie Marcus Held in einem Schreiben an den GmbH-Notar bestätigte.
Wie hat er, der AL-Chef und seinerzeitige Tourismus-Verantwortliche, damals die Gründung der GmbH miterlebt? Hat er die Gesellschafter-Runde – ausgesuchte SPD-Parteifreunde von Marcus Held und einige Unternehmen, die vom Stadtbürgermeister regelmäßig Aufträge bekommen – mit ausgewählt?
Raimund Darmstadt erinnert sich an die Gründungsphase der Oppenheim-Tourismus Gmbh:
Im Jahr 2013 stand die SPD/AL-Kooperation nur noch auf dem Papier. Wir wurden von Stadtbürgermeister Marcus Held systematisch von allen Informationen abgeschnitten: Wahlen standen an, da wollte er uns wohl dahin treiben, dass wir die Koalition aufkündigen, dann hätte man uns leicht als nicht koalitionsfähig abkanzeln können.
Held traf sich in dieser Zeit regelmäßig mit dem damaligen CDU-Fraktionschef Helmut Krethe, angeblich wegen der drohenden Abwanderung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes. Aber es wurden wohl auch Zukunftspläne geschmiedet:
Im Mai 2014 fanden die Kommunalwahlen statt. Obwohl die SPD die absolute Mehrheit gewonnen hatte, holte sie die CDU in eine nach gängigem Verständnis völlig überflüssige Koalition. Und Helmut Krethe wurde Tourismus-Beigeordneter.
Die Tourismus GmbH war immer Chefsache. Marcus Held ließ da keinen ran, er hat die Gesellschafter geworben, er hat alle Papiere vorbereitet. Held hat uns damals in allen Bereichen vehement abgeschottet, die AL und ihre Beigeordneten haben nichts Wesentliches mehr erfahren.
Als Geschäftsbereichsbeigeordneter hatte ich nach Paragraf 88, 1 der Gemeindeordnung noch die Gründungsurkunde zu unterschreiben, ebenso wie Marcus Held als Geschäftsführer der HGO, aber das war ein rein formaler Akt.
Nachfolger von Darmstadt als Tourismus-Beigeordneter wurde Helmut Krethe. Der ist längst zum treuen Held-Gefolgsmann mutiert und hat sich darüber mit seiner ehemaligen Partei völlig überworfen:
Im Herbst letzten Jahres trat er aus der CDU aus, wollte aber unbedingt in der CDU-Fraktion bleiben. Als dann der Oppenheim-Skandal bekannt wurde, kam’s zum endgültigen Bruch:
„Die Kampagne gegen Held ist ausschließlich von Neid und Hass geprägt“, tat Krethe kund. Marcus Held genieße seine volle Unterstützung. „Ich stehe in dieser für ihn schweren Zeit an seiner Seite.“ Nach Studium der Akten sei Helds Vorgehen für ihn „nachvollziehbar und im Rahmen der vom Stadtrat getroffenen Beschlüsse“.
Heute steht fest, dass sich Krethe schwer geirrt hat: Es gibt keine Hass- und Neid-Kampagne gegen Held, im Gegenteil, die Vorwürfe gegen das Stadtoberhaupt haben sich bisher allesamt als wahr und berechtigt erwiesen. Marcus Held hat nachweislich – Unterlagen belegen das – wiederholt den Stadtrat über- und hintergangen, unlängst hat er deshalb einige Beschlüsse nachholen lassen. Die Staatsanwaltschaft Mainz hat darüber hinaus Ermittlungen gegen Marcus Held aufgenommen: Es besteht der Verdacht der Untreue, die Rede ist bereits von neun Fällen, wobei die Ermittlungen erst ganz am Anfang stehen.
Der öffentlich bekundete Kadavergehorsam gegenüber Held, den er auch von seiner Ex-Partei verlangte, machte Krethe für die kleine CDU-Fraktion untragbar: Sie warf den Kommunalpolitiker, der sich wegen seines trotzigen Verbleibs in der CDU-Fraktion immer wieder als „Fünfte Kolonne“ verdächtigen lassen musste, endgültig raus.
Jetzt sitzt er in einem kleinen Büro im zweiten Stock des Rathauses und muss sich als Tourismus-Beigeordneter mit dem nächsten unerfreulichen Thema beschäftigen: Die Oppenheim Tourismus GmbH – auf welche Grundlage ließ der Stadtbürgermeister zu, dass private Gesellschafter seit Jahren bei den Erlösen aus dem Eintritt für das städtische Kellerlabyrinth-System mitkassieren?
Nach langem Drehen und Wenden räumte Krethe ein, dass es überhaupt keine Grundlage gebe – es existiere weder ein Nutzungsüberlassungsvertrag noch ein entsprechender Ratsbeschluss. Aber es sei schon alles richtig so, sagt er auch. Und läuft damit Gefahr, sich erneut schwer zu irren.
Einige Fragen warten noch auf seine Antworten, seit Tagen schon, das wird sicher seine Gründe haben. Die Fragen lauten:
- Warum stehen im kommunalen Etat immer noch zwei Planstellen für Tourismus? Wofür werden die benötigt?
- Ende letzten Jahres hatte AL-Chef Darmstadt eine Übertragung der beiden Stellen an die GmbH beantragt, was eine Entlastung des Stadt-Etats um 70.000 Euro bedeutet hätte. Warum wurde das abgelehnt, wenn doch die GmbH alle Tourismus-Kosten übernehmen sollte?
- Und wer zahlt die Kosten für die Unterhaltung der Keller (Strom, Versicherungen, Reinigung etc.)? Gibt es darüber eine Absprache – oder sind diese Kosten bei der Stadt verblieben?
- Schließlich soll ein Großteil der Einnahmen aus den Kellerführungen heute für das Gehalt des GmbH-Geschäftsführers verwendet werden. Das fiel zuvor in dieser Größenordnung bei der Stadt nicht an. Wären die Aufgaben der Tourismus GmbH bei der Stadt also nicht viel günstiger aufgehoben gewesen?
Sobald die Antworten des Tourismus-Beigeordneten Krethe vorliegen, werden sie hier veröffentlicht.