3,1 Millionen Euro! So viel Geld hat Stadtbürgermeister Marcus Held ausgegeben, ohne dass der Stadtrat zuvor gefragt worden war. Das war 2014; der SPD-Politiker hatte sich damals nur mit Eilentscheidungen legitimiert. Die hätte er anschließend dem Stadtrat vorlegen müssen, so will es das Gesetz, das sogar ausdrücklich von „unverzüglich“ spricht.
Drei Jahre später, am 7. Juni 2017, hat Marcus Held den Stadtrat informiert. In nicht-öffentlicher Sitzung. Details wurden nicht bekannt. Die lokale Zeitung ging lediglich in einem Satz auf die ungewöhnliche Geheim-Aktion ein: Den AL-Abgeordneten Raimund Darmstadt, schrieb sie, „störe es vor allem, dass im nichtöffentlichen Teil durch Eilentscheide Grundstücksgeschäfte in Krämereck-Süd im Wert von 3,1 Millionen Euro nachträglich legitimiert und somit der Prüfung entzogen wurden“.
Die Zeitung verschwieg, mit welch deutlichen, auch emotional geprägten Worten der AL-Kommunalpolitiker den Oppenheim-Skandal angeprangert hatte. Zur Dokumentation zitieren wir die Darmstadt-Rede in Auszügen:
Es sind gravierende Vorwürfe der Untreue, der Vorteilsnahme und der Bestechlichkeit, die in den Medien kolportiert werden. Das ist eine sehr außergewöhnliche Dimension in der Geschichte unserer Stadt. (…)
Trotzdem wird in der Stadt noch vor dem Start der Festspielsaison ein skurriles Stückchen Provinztheater zum Besten gegeben. Unglaublich, wer in dieser Eigenproduktion alles auftritt. Ein „Duo infernale“ aus Anonymus und Mister X, diverse Großmeister der Verdächtigung, ein mysteriöser Y-Joker als drohender Terminator und versprengte Cheerleader der schreibenden Zunft. Ein imposantes komödiantisches Feuerwerk wird da abgebrannt.
Selbst das Tierreich liefert seinen Beitrag. Maulwürfe fördern kleine Häufchen zu Tage, ein Grüppchen Unschuldslämmer prahlt mit Maklerkenntnissen, ein völlig uneinsichtiger Leithammel versucht die Herde beisammen zu halten und drollige Schoßhündchen dürfen Gassi gehen.
Wäre die Realität nicht so ernst, wir hätten richtig Spaß daran. (…)
Kein einziger unserer neun Anträge wurde in den amtlichen Bekanntmachungen veröffentlicht, obwohl sie bei der Ältestenratssitzung am 24. Mai 17 zeitgleich mit dem SPD-Antrag überreicht wurden und alle den Eingangsstempel genau dieses Tages tragen. Verschonen Sie uns bei dem bevorstehenden Aufklärungsprozess bitte mit solchen Mätzchen und halten Sie sich endlich einmal an die Regeln. Ein schon am Anfang missratener Start ist das heute.
Wir hoffen deshalb sehr, dass das Fazit einer SPD-Erklärung vom 10. April 2017 nach dieser Vernebelungs- und Verhinderungstaktik nicht schon das erwünschte Untersuchungsergebnis vorwegnehmen sollte. Dort hieß es nämlich, nachdem die SPD-Räte schon einmal Einblick in die Held-Papiere genommen hatten: „Wir konnten uns davon überzeugen, dass sämtliche Vorgänge völlig korrekt und belegbar sind.“
Haben wir am Pfingstwochenende nicht gerade und überraschend fünf Eilentscheide aus dem Jahr 2014 mit einem Gesamtvolumen von 3,1 Millionen € per Boten zum Versuch der nachträglichen Legitimierung nachgeliefert bekommen?
Sie hören richtig, meine Damen und Herren, Transaktionen in Millionenhöhe, die drei Jahre zurückliegen und dem Stadtrat nicht bekanntgegeben und damit verschwiegen wurden. (…)
Sie liefern uns jetzt spaßeshalber mal ein paar Eilentscheidungen nach, weil sie mit Ratsbeschlüssen ja nicht aufwarten können. Im nicht öffentlichen Teil der Sitzung wollen Sie diese Summen den Stadträten erst heute bekannt geben und andere wahrscheinlich rechtswidrige Amtshandlungen aus dieser Zeit nachträglich legitimieren lassen. „Sind die jetzt völlig von der Rolle ?“, ist es mir beim Überfliegen der nachgeschobenen Unterlagen durch den Kopf geschossen. Wir kriegen heute einige wenige Bestandteile der schwebenden Untersuchungsverfahren auf gleich mehreren Ebenen auf den Tisch und sollen diese noch schnell und nachträglich absegnen. Die Kommunalaufsicht untersucht, der Landesrechnungshof sitzt mit mehreren Prüfern direkt vor Ort im Eingemachten der VG-Verwaltung und die Staatsanwaltschaft prüft einen eventuellen Anfangsverdacht. Ausgerechnet in dieser brisanten Situation sollen wir zur nachträglichen Legitimation städtischer Amtshandlungen verführt werden. (…)
Wenn Teile dieses Gremiums an offen rechtswidrigen Beschlüssen mitgewirkt haben sollten oder noch mitwirkten, dann nimmt uns die Gemeindeordnung im Übrigen mit gutem Grund auch juristisch in die Pflicht. Das weiß hoffentlich jeder in dieser Runde. Unsere Geduld, diesem ganzen verwaltungstechnischen Herumgefummel zu trauen oder gar zu folgen, hat sich längst erschöpft. Ein bisschen zurückhalten und verschweigen, ein bisschen abwürgen, das vorgefertigte Untersuchungsergebnis schon mal in der Schublade bereithalten.
Wenn das Ihr Plan B ist, dann wird diese Form der Aufklärung mit Sicherheit kein guter Dienst an den Grundwerten von Transparenz und kommunaler Demokratie.
Der Aufklärungsprozess würde zur Farce. (…)
Eine bekannte Zeitung hat vor einiger Zeit, „mit investigativer Wucht“ sag ich mal, den Begriff „VG-Leaks“ etabliert, den Kontext aber nicht ganz zu Ende gedacht.
Solche Leaks, durchlässige Stellen also, werden bekanntermaßen von Whistleblowern, auf Deutsch Hinweisgebern, wie Assange, Snowdon oder Miroslaw Strecker geöffnet. Letzterer hatte als LKW-Fahrer 2007 den Gammelfleischskandal ans Licht gebracht und war dafür von Verbraucherminister Horst Seehofer mit der „Goldenen Plakette“ seines Ministeriums geehrt worden. Das hat ihn dennoch seinen Arbeitsplatz gekostet. Diese Menschen sind also gewöhnlich die Helden der Medien, und die Ertappten die Bösen.
Im Meinungsbild vor Ort ist das völlig anders. Hier stehen die Dinge auf dem Kopf. Der Investigativjournalismus folgt in den USA gewöhnlich der Spur des Geldes. Vor Ort stochern die rheinhessischen Kollegen im Blumenbeet nach Maulwürfen, obwohl das Bundesnaturschutzgesetz es doch eigentlich verbietet, dieser bedrohten Tierart nachzustellen. Wurde da am Ende etwas gründlich missverstanden ?
Im Wormser Nibelungenkurier war im Mai vom „feigen Feuer eines Heckenschützen“ und einem „Drahtzieher“ die Rede, für den „die Luft immer dünner“ werde (Nibelungenkurier 04. Mai 17). Meine Güte – welche Verbalgeschosse da abgefeuert werden! Dabei geht es möglicherweise lediglich um einen Menschen, der sich mit seinen Zweifeln am rechtsstaatlichen Handeln seiner Behörde nicht anders zu helfen wusste, als sich an höhere Instanzen und die Öffentlichkeit zu wenden.
Was will und fordert nun eigentlich die Alternative Liste?
Als zweitstärkste Ratsfraktion sehen wir uns in einer besonderen Pflicht. Wir wollen die gründliche und lückenlose Aufklärung aller fragwürdiger Vorgänge und Amtshandlungen der Stadtspitze. (…)
Es ist doch so einfach, meine Damen und Herrren. Stellen sich die Vorwürfe als gegenstandslos heraus, dann hatten wir den notwendigen Klärungsprozess und Marcus Held ist entlastet. Dies sagen wir sogar deutlicher als die Landes-SPD. Gibt es erwiesene Unregelmäßigkeiten, rechtswidrige Verfehlungen oder straftatsrelevantes Handeln, dann ist das von den Aufsichtsinstanzen und gegebenenfalls den Gerichten adäquat zu bewerten, zu beurteilen und gegebenenfalls zu ahnden.
Wir vertrauen dabei weiterhin auf die Rechtsstaatlichkeit und die Kontrollfunktionen der Institutionen. Und wir hoffen, Sie sind auch als Mandatsträger dieser Mehrheitskoalition ihrem Gewissen verpflichtet und mit dabei.Mit Engagement, mit objektivem Blick, frei von Parteiblindheit oder sonstigen Verpflichtungen.
Das könnte unserer Stadt fürs Erste weiter helfen.
Die ganze Rede des AL-Politikers Raimund Darmstadt ist auf der Homepage der Alternativen Liste Oppenheim zu finden.
Ekelhaft und schrecklich. Sollte das so stimmen, kann man nur sagen, die Feinde der Demokratie kommen nicht von Rechts oder von Links, sie kommen aus der sogenannten, selbstbestimmten demokratischen Mitte. Hier müssen wir uns, Bürger die es mit der Demokratie und der Chancengleichheit ernst nehmen, wehren. Gerade in unserer VG sitzen Strippenzieher, die es wie in den 70 ziger und 80 ziger Jahre gewöhnt sind, die demokratische Prozesse zu manipulieren. Ich denke nur an die Causa Stork. Es geht nicht mehr darum wer hat was öffentlich gemacht, es geht darum ob Gesetzesbrüche vorliegen.
Hier ist die Monopolpresse gefragt, als vierte Kraft im Staat und in unserer VG zu helfen mehr Licht in dieses Dickicht zu bringen.