Tourismus GmbH: Nur die Gehälter sind ein Erfolg

Nix als Ärger mit dieser Tourismus GmbH! Die von SPD-Stadtbürgermeister Marcus Held verbreiteten Erzählungen von einem erfolgreichen Unternehmen haben sich inzwischen angesichts seiner eigenen Zahlen als reines Wunschdenken erwiesen. Der erste Miteigentümer hat zudem entnervt die Brocken hingeschmissen. Und schließlich sorgt das 70.0000-Euro-Gehalt von Geschäftsführer Hansjürgen Bodderas weiter für erregten Gesprächsstoff in der Stadt. Zumal herausgekommen ist, dass die Personalkosten des 1,5-Mann-Unternehmens binnen kurzer Zeit ungewöhnlich angestiegen sind.

Lassen wir die Worte auf uns wirken: „Die Tourismus GmbH war eine richtige und gute Entscheidung.“ „Hervorragend funktionierende Tourismus GmbH“, „Tourismus GmbH auf gutem Wege“…

Worte des Marcus Held: Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Stadtbürgermeister trägt die Botschaft vom Erfolg „seiner“ Tourismus GmbH wie eine Monstranz vor sich her. Von seinen Genossen verlangt er widerspruchslosen Glauben; Zweifler und Kritiker seiner Botschaft bezichtigt er wahlweise einer „Rufmordkampagne“ oder auch „bewusster Unwahrheiten“.

Legendenbildung auf oppenheimisch.

Nähern wir uns dem Thema nüchtern-sachlich: Der Erfolg eines kleinen Unternehmens lässt sich in der Regel an Umsatz- und Gewinnzahlen ablesen. Jetzt, nachdem in Oppenheim die vorgeschriebenen Berichte über städtische Firmen-Beteiligungen erstellt wurden, ist für jedermann öffentlich einsehbar, wie gut die Tourismus GmbH wirklich läuft. Schon ein schneller Blick ins Zahlenwerk  verrät: Am erfolgreichsten ist die GmbH für ihren Geschäftsführer und seinen auf Halbtagsbasis beschäftigten Mitarbeiter. Die Kurve ihrer Einkommen weist stetig nach oben.

Das lässt sich von den anderen Erfolgsparametern dieser Gesellschaft leider nicht behaupten.

Krethes Traum von einer chinesischen Invasion

2012/13 startete die Tourismus GmbH ihre Arbeit. Geschäftsführer wurde der 1. Beigeordnete im Rathaus, Hansjürgen Bodderas. Stadtbürgermeister Marcus Held kontrolliert die Geschäfte von Anfang an als Vorsitzender des Aufsichtsrates. Zuständiger Tourismus-Beigeordneter damals: Raimund Darmstadt, Chef der Alternativen Liste (AL).

Im Frühjahr 2014 lud man zur ersten Bilanz-Konferenz ein, und Marcus Held verkündete voller Stolz gegenüber dem Lokalredakteur: 43.000 Euro Gewinn habe man erzielt! Obwohl man nur mit maximal 7000 Euro gerechnet habe! „Das wurde um ein Mehrfaches überboten“, jubilierte Bodderas.

Danach ging es brutal abwärts:

2014 erzielte die Tourismus GmbH gerade mal 4.772,00 Euro Gewinn – bei einem Umsatz von 230.000 Euro.

2015 kletterte der Gewinn ein ganz klein wenig, er betrug  5112,47 Euro bei 232.000 Euro Umsatz. Helmut Krethe, inzwischen zum Tourismus-Beigeordneten aufgestiegen, schwadronierte angesichts dieses angeblichen Geschäftserfolgs, nun werde man Chinesen nach Oppenheim locken: „Unser Ziel ist es, einen Fuß in den asiatischen Raum zu kriegen.“ Dort schlummere viel Potential, erklärte er dem Redakteur der „Allgemeinen Zeitung Landskrone“, gern hätte man etwas von den Massen fernöstlicher Weintouristen ab.

So richtig dürfte der ambitionierte Plan nicht funktioniert haben. Schon ein Jahr später, 2016, nahm die GmbH-Bilanz den Farbton der politischen Ausrichtung ihrer Verantwortlichen an: Das angeblich so erfolgreiche Touristik-Unternehmen schrieb rote Zahlen. Exakt 2666,69 weist die Bilanz aus – als Minus. Der Beteiligungsbericht nennt als Gründe einen erhöhten Einkauf, höhere Werbeausgaben „durch die Hinzuziehung von externen Beratern“. Und Mehrkosten beim Personal, die sich aus den Tariferhöhungen ergeben hätten.

Geschäftsführer-Gehalt an Tarifvertrag gekoppelt?

Tatsächlich ist beim Personal dieser kleinen Firma ein ebenso kontinuierlicher wie außergewöhnlicher Kostenanstieg festzustellen: In 2014 wurden die Personalausgaben noch mit 80.731 Euro angegeben. 2015 stiegen sie um 6,5 Prozent auf 85.950 Euro, im letzten Jahr schafften sie dann den Sprung über die 90.000-Euro-Marke: Exakt 91.223,90 Euro kassierten Geschäftsführer Hansjürgen Bodderas und die Halbtagskraft Walter Lang (beide SPD). Dass das Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers (Bodderas hält 2 Prozent der GmbH-Anteile) an einen Tarifvertrag gekoppelt sein soll, darf man sicher als ungewöhnlich bezeichnen.

Eine Frage dazu wurde von Helmut Krethe, der als Tourismus-Beigeordneter die Geschäfte der GmbH politisch zu vertreten hat, bisher nicht beantwortet. Vom Aufsichtsratsvorsitzenden Marcus Held sind grundsätzlich keine sachdienlichen Auskünfte zu erwarten: Der SPD-Politiker, der sich mit der von ihm geführten Wohnungsbaugesellschaft HGO als Gesellschafter mit vier Prozent an der Tourismus GmbH beteiligt hat, lehnt es bekanntlich ab, mit dem Autor dieser Webseite zu sprechen.

Held: "Tourismus­ GmbH ist keine Lösung"

OPPENHEIM (red) Gegen die Gründung einer Tourismus ­GmbH für Oppenheim und Nierstein spricht sich der Oppenheimer SPD­-Bürgermeisterkandidat Marcus Held aus. Held widerspricht damit einem Vorschlag, den der Oppenheimer CDU­-Bürgermeisterkandidat Paul Hattemer jüngst nach einem Gedankenaustausch mit dem Niersteiner Ortschef Thomas Günther (CDU) geäußert hatte. Held bezeichnet den Vorschlag in einer Stellungnahme als „alten Hut“, der gerade aufgrund der finanziellen Situation in den kommunalen Haushalten dem Bürger nicht mehr vermittelbar sei. „Es geht heute darum, in einer Stadt wie Oppenheim die Einnahmesituation aus eigener Kraft zu verbessern, damit finanzielle Spielräume entstehen können“, argumentiert der SPD­-Kandidat. Der Tourismus sei eines der wichtigsten Potenziale Oppenheims für einen wirtschaftlichen Aufwärtstrend. Marcus Held: „Es wäre völlig kontraproduktiv, diesen lukrativen Sektor zu privatisieren, oder gar an eine Nierstein­-Oppenheim GmbH zu verschenken, die dann die Gewinne einstreichen kann.“ Die zusätzlichen Defizite im öffentlichen Haushalt müssten dann wieder die Steuerzahler tragen, „was in der heutigen Zeit für keinen nachvollziehbar wäre“, betont Held in einer Presserklärung abschließend.

…gefunden in der „Allgemeinen Zeitung Landskrone“ vom 19. Dezember 2003

Bodderas wiederum stellt sich jeder Kritik an seinem Gehalt mit der trotzigen Behauptung entgegen, bei der Stadt bekäme er „nur unwesentlich weniger“. Am Wahrheitsgehalt dieses Ausspruchs darf gezweifelt werden. In einem Kommentar weist denn auch ein Leser dieser Webseite darauf hin, dass an einen Verwaltungsmitarbeiter mit einem Monatsgehalt von knapp 6000 Euro durchaus bestimmte Voraussetzungen gebunden sind; es bedürfe einer Prüfung, ob Bodderas die vorweisen könne.

Sein Führungsstil jedenfalls hat jetzt in Kreisen der Firmeneigner für stirnrunzelndes Aufsehen gesorgt. Einer der Gesellschafter, der Gimbsheimer Eventmanager Joaquim da Silva („RheinEmotion“), hat Knall auf Fall seinen Ein-Prozent-Anteil an der GmbH gekündigt, mit sofortiger Wirkung und „entnervt“, wie er auf der Internetseite des Lokalblogs „Wir in Rheinhessen“ erstmals mitteilte. Er sei irritiert, ja geschockt, wie leichtfertig man in Oppenheim mit Kooperationspartnern umgehe. Mit keinem Wort sei man von der Geschäftsführung auf die Veröffentlichung der Gesellschafternamen hingewiesen worden: Das sei eine „Respektlosigkeit sondergleichen“.

Recht hat der Mann allerdings nur mit dem Vorwurf, dass er als Gesellschafter frühzeitige Informationen von der Geschäftsführung hätte erwarten können, als über der kleinen GmbH dunkle Wolken aufzuziehen begannen: So war auf dieser Webseite aufgedeckt worden, dass die GmbH Hunderttausende aus den Eintrittsgeldern des städtischen Kellerlabyrinths  einbehält – ohne Vertragsgrundlage, ohne Genehmigung des Stadtrates. (siehe hier, hier, hier und hier).

Gesetzlich zur Transparenz "gezwungen"

Ansonsten sind GmbH-Gesellschafter natürlich keine geheime Angelegenheit, sie sind vielmehr in dem für jedermann zugänglichen Handelsregister beim zuständigen Amtsgericht einsehbar. Allenfalls in Oppenheim mag der offene Umgang mit solchen Informationen als ungewöhnlich gelten. Tatsächlich wurden die Namen der Gesellschafter jahrelang unter der Decke gehalten, von der Politik wie auch von der Lokalzeitung. Erst als diese Webseite aufdeckte, dass Stadtbürgermeister Marcus Held und sein bekanntes Netzwerk von Parteifreunden und Unternehmen, die von der Stadt in Serie Aufträge bekommen, die Anteile an der Touristik GmbH unter sich aufgeteilt haben, veröffentlichte auch die Redaktion der „Allgemeinen Zeitung Landskrone“ die Gesellschafter-Namen.

Jetzt zitiert sie den Tourismus-Beigeordneten Helmut Krethe: Die Bekanntgabe der Eigentümer-Namen möge zwar „etwas ungewöhnlich erscheinen“, die Stadt und die GmbH seien jedoch „gesetzlich gezwungen, Transparenz zu zeigen“.

Holla! Da hat einer aber schnell dazugelernt!

Mit der Transparenz in Sachen Oppenheim Tourismus GmbH war es bis vor wenigen Wochen, trotz gesetzlicher „Zwänge“, nicht so weit her: Als der Autor dieser Webseite die Oppenheimer Beteiligungsberichte einsehen wollte, wurde er brüsk abgewiesen. Marcus Held schrieb ihm, es klang mimosenhaft-beleidigt: „Nach dem, was ich von Ihnen lesen musste, insbesondere wie Sie Tatsachen so verdreht haben, dass daraus ein Politkrimi fälschlicherweise zu meinen Lasten wurde, werden Sie sicher verstehen, dass Sie von mir keine Berichte oder lange Stellungnahmen, gleich welcher Art, mehr bekommen werden.“

Tatsachen-Verdrehung à la Held. Die schlichte Wahrheit: Held hatte überhaupt gar keinen Beteiligungsbericht. Die Stadt Oppenheim hatte es jahrelang verabsäumt, die in der Gemeindeordnung vorgeschriebenen Beteiligungsberichte zu erstellen. Der Grund kann vermutet werden: Dann hätte man ja öffentlich machen müssen, wer hinter der Tourismus GmbH steht und wie die Geschäfte wirklich laufen.

Wir haben darüber am 29. Juli auf dieser Webseite berichtet: „Schlendrian im Hause Held – gar mit System“ und auch auf den entsprechenden Passus in der Gemeindeordnung hingewiesen. Danach reagierten die Verantwortlichen im Oppenheimer Rathaus umgehend: In der Ratssitzung am 15. August legte Helmut Krethe die Beteiligungsberichte der letzten drei Jahre vor, die er nachträglich schnell erstellt hatte.

Dass er sich jetzt hinstellt und von Transparenz redet, zu der man „gesetzlich gezwungen“ sei, wirkt ein wenig burlesk. Ob er es wirklich ernst meint mit der neuen Offenheit? Wir sind gespannt! Wir haben ihm zwei einfach zu beantwortende Fragen geschickt, auf die er bisher leider nicht reagiert hat:

Gibt es eine nachvollziehbare Erklärung dafür, warum bei der Tourismus GmbH die Personalkosten innerhalb von nur drei Jahren von rund 80.000 auf über 90.000 Euro angestiegen sind?

Das wollten wir von ihm wissen. Und:

Im Beteiligungsbericht 2016 ist die Rede von externen Beratern in Sachen Werbung. Wer sind bzw. waren diese Berater, und für welche Aufgaben wurden sie hinzugezogen, was haben sie konkret gemacht?

Wie gesagt, Antworten gibt’s noch nicht. Sollte Herr Krethe auf die Fragen im Sinne einer neuen Oppenheimer Transparenz reagieren, werden wir seine Antworten natürlich umgehend auf dieser Webseite veröffentlichen.

5 Kommentare zu „Tourismus GmbH: Nur die Gehälter sind ein Erfolg“

  1. Wenn Marcus Held den „lukrativen Sektor“ Tourismus trotz besseren Wissens (siehe oben im zitierten Artikel der Landskrone) verschenkt hat, erinnert es mich ein bißchen an seine Aussagen zu seiner Aufgabenlast als Bürgermeister:

    Vor Jahren beanspruchte er nämlich, vom ehrenamtlichen zum hauptamtlichen Bürgermeister aufgestockt und somit besser bezahlt zu werden. Für ein Ehrenamt habe er nämlich viel zu viel Arbeit am Hals. Um seine Chancen und den Druck auf die Landesregierung zu erhöhen, schmiedete er deshalb sogar eine Allianz mit weiteren Bürgermeistern von Städten vergleichbarer Größe. Vergeblich.

    Gefragt auf seine Zukunft als Stadtbürgermeister erklärte er zur Bundestagswahl 2013, dass selbst wenn er ins Parlament einziehen werde, er erneut als Stadtbürgermeister kandidieren würde.

    Daraufhin fragte die CDU in der Landskrone nach, wie sich seine altes Klagelied über zu viel Arbeit als nur ehrenamtlicher Bürgermeister nun plötzlich mit all der Mehrarbeit im Bundestag vertragen sollen würde. Schmallippig stellfte Marcus Held fest, dass er gute Mitarbeiter habe…

    Marcus Held = Viel heiße Luft, wenig echter Inhalt!

  2. Wie war das doch mit dem „eigenen“ Vorteil und die Versorgung altgedienter Genossen und Freunde? Da interessiert Herrn Held sein „Geschwätz“ von „gestern“ nicht mehr! Man überlege sich einmal, eine GmbH, die 230 tsd. € pro Jahr als Einnahmen generiert, hält sich einen Geschäftsführer für 70.000 €, insgesamt werden Gehälter usw. für 90.000€ gezahlt! Wo ist da das Verhältnis? Wo der Vorteil? „2003“ war das Unsinn! Etwa nur wegen der Stadt Nierstein, die mit ins Boot wollte? Dann gründen eben die Genossen Held, Lang, Baumgarten die GmbH und stellen eine Genossen als GF ein; für 70.000 €, nicht Lire oder Peseten, nein, €! Und die Stadt zahlt munter die Kosten für das Labyrinth, geile Mucke! Da haben sich wirklich die richtigen Leute zusammengetan, um das Bild der Politiker in der Wählerschaft gründlich ins negative zu drücken! Nächste Woche folgt in Oppenheim die Stunde der Wahrheit! Prognose, was für furchtbare Vorstellung: SPD 20, AfD 25, CDU 12 % der Stimmen, und die Wahlbeteiligung liegt bei 30 %! Wer hats erfunden? Nicht die Schweizer, sondern die Heldschen Genossen! Fatale Vorstellung!

  3. Da wird mit Sicherheit eine Betriebsprüfung anstehen. Denn wenn ein ‚Geschäftsführender Gesellschafter‘ mit 2% Anteile den überwiegenden Gewinn als Gehalt ausbezahlt bekommt riecht das verdächtig nach ‚verdeckter Gewinnausschüttung ‚. Und da kennt der Fiskus keinen Spaß. Das sollten die übrigen Gesellschafter auch hinterfragen.
    Die Geschäftsberichte der GmbH kann jeder hier heraussuchen und sich anschauen : https://www.unternehmensregister.de/ureg/result.html;jsessionid=29C9221542E53DD3720489087C142507.web02-1

  4. Das Grundübel an dieser ganzen Affaire ist, dass erstens die Verwaltung (Exekutive) der Verbandsgemeinde Rhein-Selz ihre pflichtgemäßen Aufgaben nach der Gemeindeordnung nicht erfüllt (z.B. Satzungen formulieren, Verträge vorbereiten, Geschäftsberichte anfordern) und somit geltendes Recht in Oppenheim nicht durchgesetzt wird bzw. zweitens der Stadtrat (Legislative) diese Verwaltung letztlich nicht kontrolliert, da die bescheidenen Ansätze dazu von der Großen Koalition aus SPD und CDU abgeblockt werden.
    Eine Reinigung des Kellersumpfs wird somit nur von außen erfolgen (können). Die einen kassieren, die anderen müssen den Dreck wegmachen! Die Verwaltung sieht nichts, hört nichts, sagt nichts.

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