Tourismus GmbH: Eine Frage – und dann so viele leere Worte

Wenn’s um kritisch-heikle Themen geht, ist’s vorbei mit der Oppenheimer Redseligkeit: Dann geben sich die Verantwortlichen im Rathaus an der Merianstraße sehr schnell sehr zugeknöpft. Das wurde beim Thema „Oppenheim Tourismus GmbH“ einmal mehr deutlich. Deshalb hier eine ausführliche Dokumentation der Fragen und Antworten:

Auf welcher rechtlichen Grundlage, so lautete die schlichte Frage, behält eine mehrheitlich in privater Hand befindliche „Oppenheim Tourismus GmbH“ die Eintrittsgelder für das städtische Keller-Labyrinth ein, das der Stadt gehört? Wann genau hat der Stadtrat dem zugestimmt?

Am 13. Juli wurde die erste Frage-Mail ins Rathaus geschickt. Helmut Krethe, der Tourismus-Beigeordnete der Stadt Oppenheim, antwortete noch am gleichen Tag: Er wisse die Antwort nicht, müsse erst recherchieren. „Als die GmbH im Jahre 2012 gegründet wurde, war ich noch nicht Mitglied der ,Stadtregierung’“, schrieb er.

Zehn Tage später glaubte er die Lösung zur Umgehung einer Antwort zu wissen: Man solle sich bittschön mit solcher Frage an Raimund Darmstadt wenden. „Herr Darmstadt war zur Zeit der Gründung der GmbH der zuständige Tourismusbeigeordnete und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender. Ich habe seine damals eingeführte Praxis mit Amtsantritt im Juni 2014 so übernommen.“

Richtig ist: Raimund Darmstadt, heute AL-Chef in Oppenheim, war im Jahre 2013 Tourismus-Beigeordneter. Aber so geht’s natürlich nicht: Der Verweis an den Amtsvorgänger ist keine Antwort auf unsere Frage. Ein Hinweis an Herrn Krethe auf das Informationsgesetz Rheinland-Pfalz und das Landespressegesetz, wonach Behörden zu Auskünften verpflichtet sind, zeigt Wirkung: Krethe schickte am 26. Juli eine Antwort-Email mit langem Text und geringem Aussagegehalt. Im Folgenden seine Antwort im Wortlaut (kursiv) mit Anmerkungen:

  1. In Einklang mit den §§ 85 ff. Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz (GO-RLP) wurde für den Bereich des Tourismus in Oppenheim die Oppenheim Tourismus GmbH gegründet. Die Übertragung bestimmter gemeindlicher Aufgaben auf private Gesellschaften ist in der Gemeindeordnung ausdrücklich vorgesehen. Die entsprechende Gesellschaftsgründung erfolgte mit Stadtratsbeschluss und kommunalaufsichtlicher Genehmigung.

Anmerkung: Das ist völlig unstrittig! Eine Kommune kann Firmen gründen und diesen bestimmte Aufgaben übertragen, und natürlich muss der Stadtrat zustimmen. Das war allerdings nicht die Frage…

  1. Die Idee einer solchen Gesellschaft ist es gerade, bestimmte Aufgaben aus dem unmittelbaren Kostenbereich einer Kommune herauszunehmen. Andernfalls müssten die Aufgaben, die jetzt von der GmbH wahrgenommen werden, von städtischen Mitarbeitern umgesetzt werden, wie es vor der Gründung der GmbH war. Durch die Gründung der GmbH werden städtische Gelder eingespart, da die GmbH auch die Zahlung der Personalkosten der Mitarbeiter sowie die Aufwandsentschädigung der Gästebegleiter übernimmt. Das ist ganz allgemein die Hauptidee, die hinter einer solchen Gesellschaftsgründung steht. Solche Gesellschaftsgründungen sind auch nichts Außergewöhnliches und sind in der Gemeindeordnung ausdrücklich vorgesehen.

Anmerkung: Auch das ist alles klar: Natürlich soll eine GmbH, wenn möglich, Kosten einsparen helfen. Ob der Stadt in diesem Fall unterm Strich eine Besserstellung beschert wird, ist allerdings mehr als fraglich: Die GmbH behält jährlich über 200.000 Euro aus Kellerführungen ein. Früher blieb das ganze Geld bei der Stadt. Heute wandern – durchgerechnet – 51 Prozent nach Kosten in die Taschen stadtfremder Dritter. Das sind ausgesuchte Parteifreunde und Privatunternehmer, die zusammengenommen Mehrheitseigner der GmbH sind.

  1. Werden solche Gesellschaften gegründet, so muss mit diesen vor allem der öffentliche Zweck erfüllt werden, zu dem sie gegründet wurden. Das ergibt sich, wenn Sie eine gesetzliche Grundlage wissen wollen, aus § 85 III GO-RLP. Der Zweck ist hier die Tourismusförderung und zu diesem Zweck bietet die Oppenheim Tourismus GmbH die von Ihnen angesprochenen kostenpflichtigen Führungen an. Damit werden Erträge in Form der Entgelte erwirtschaftet. Dass eine solche Gesellschaft Erträge erwirtschaften kann und sogar soll, ergibt sich ebenfalls aus § 85 III GO-RLP. Mit den Erträgen werden insbesondere die Kosten abgedeckt, die bei der Durchführung der Führungen entstehen, wie unter Ziffer 2 bereits dargelegt. Dass bei einer solchen kommunalen Gesellschaft auch Kosten entstehen dürfen, ist ebenfalls in § 85 III GO-RLP vorgesehen. Danach sollen die Erträge gerade die anfallenden Aufwendungen abdecken.

Anmerkung: Nähern wir uns einer Antwort? Es stimmt ja, was Herr Krethe schreibt: Natürlich soll die Tourismus GmbH Erträge erwirtschaften, gerne auch mit den Eintrittsgeldern der Kellerführungen. Der entscheidende Punkt aber ist: Darüber, dass eine mehrheitlich privat geführte GmbH die Eintrittsgelder bekommt, ohne dass die Stadt als Eigentümer des Keller-Labyrinths eine Entschädigung erhält, müsste erst der Stadtrat entscheiden. Weshalb unsere Frage lautete: Wann hat der Stadtrat genehmigt, dass die GmbH das Keller-Labyrinth zur Nutzung erhält und die Gelder aus dieser Nutzung einbehalten kann?

  1. Für das Erwirtschaften von Entgelten und das Zahlen von Aufwendungen einer solchen Gesellschaft sind keine einzelnen Stadtratsbeschlüsse notwendig. Erforderlich war der Stadtratsbeschluss über die Gründung der Gesellschaft und dieser wurde, wie Ihnen bekannt ist, ordnungsgemäß getroffen. Im Rahmen der Zweckerfüllung kann die Gesellschaft dann auch eigenständig agieren. Es ist in der Gemeindeordnung nicht vorgesehen, dass dann für jede einzelne Tätigkeit der GmbH wieder Stadtratsbeschlüsse notwendig wären.

Anmerkung: Natürlich muss, das ist doch völlig unstrittig, der Stadtrat keine Beschlüsse über das tägliche GmbH-Geschäft fassen. Wohl aber darüber, dass städtisches Vermögen (nämlich das Keller-Labyrinth) der GmbH für ihr Geschäft zu Verfügung gestellt wird. Und nochmals: Wenn Gelder in sechsstelliger Höhe aus der Bewirtschaftung städtischen Vermögens nicht mehr in die Stadtkasse, sondern in eine mehrheitlich stadtfremde Firma fließen, dann sollte der Stadtrat das wissen. Und auch genehmigt haben. Wann, das war die Frage, wurde ein solcher Beschluss gefasst?

  1. Es ist nicht so, dass hier städtische Gelder an die GmbH überwiesen wurden und es ist auch nicht erkennbar, inwiefern für die Aufgabenwahrnehmung der GmbH weitere Stadtratsbeschlüsse erforderlich gewesen wären, als diejenigen, die getroffen wurden. Vielmehr hat sich die Stadt Oppenheim zu einem in der Gemeindeordnung vorgesehenen und von zahlreichen Kommunen praktizierten Modell entschieden. Die Praxis der Aufgabenwahrnehmung entspricht ebenfalls dem, was hierzu in der Gemeindeordnung vorgesehen ist.

Anmerkung: Alles richtig – nur leider immer noch keine Antwort auf unsere Frage. 428 Wörter hat Herr Krethe in einer Mail geschrieben – und null Antwort geliefert.

 

Fazit nach Email Nr. 2: Lange Rede, wenig Sinn. Aber so schnell lassen wir uns nicht abwimmeln. Neuer Versuch. Und diesmal platzt der Knoten: Krethe räumt ein: Die Stadt hat tatsächlich keinen Überlassungsvertrag mit der Tourismus GmbH abgeschlossen. Krethe schreibt wörtlich:

  1. Es gibt, wie auch Ihnen bekannt ist, den Stadtratsbeschluss über die Gründung der Tourismus GmbH. Mit diesem Beschluss ist die Aufgabe des Tourismus (mit Ausnahme des politischen Teils) der GmbH übertragen worden. Die GmbH hat Ausgaben und Aufwendungen, die zuvor die Stadt getragen hat. Dazu zählen insbesondere die durch private Personen erbrachten Dienstleistungen in Form der Gästeführungen. Entsprechend der gesetzlichen Regelungen darf die GmbH auch Einnahmen generieren, also Erträge erwirtschaften, die im Zusammenhang mit dem übertragenen Aufgabenzweck stehen. Die Eintrittsgelder stehen in ganz unmittelbarem Zusammenhang mit den Aufgaben der GmbH und mit den bei der GmbH anfallenden Aufwendungen. Andernfalls wäre eine solche Gesellschaft wirtschaftlich nicht überlebensfähig.

Anmerkung: Ist ja alles richtig. Hat niemand in Zweifel gezogen: Die GmbH wurde gegründet, sie darf Erträge erwirtschaften usw.usf. Was aber nicht heißt, dass sie einfach über städtisches Vermögen verfügen und daraus Einnahmen generieren darf, die der Stadt zustehen. Eben deshalb war unsere Frage: Wann wurde das genehmigt?

  1. Ein gesonderter Stadtratsbeschluss, mit dem explizit erklärt wird, dass die Eintrittsgelder für die Führungen von der GmbH vereinnahmt werden dürfen, gibt es nicht und dieser ist rechtlich auch nicht erforderlich. Ebenso wenig gibt es im Übrigen einen Beschluss dazu, dass die Gesellschaft ihrerseits die Dienstleistungen der Gästebegleiter vergütet. Beide unmittelbar miteinander verbundenen Themenkomplexe sind Maßnahmen der allgemeinen Geschäftsführung der GmbH im Rahmen der ihr gemäß den kommunalrechtlichen Vorschriften übertragenen Aufgaben.

Anmerkung: Nun ist es raus! Endlich! Viele Seiten hat Herr Krethe geschrieben – hier steht die Antwort: Es gibt keinen Stadtratsbeschluss, wonach die Tourismus GmbH über die Eintrittsgelder verfügen darf. Krethe schreibt, dies sei rechtlich nicht erforderlich. Aber hat er auch recht?

  1. Nochmals weise ich darauf hin, dass ohne eine solche Gesellschaft nicht nur die Einnahmen aus solchen Führungen, sondern eben spiegelbildlich auch die Ausgaben im Zusammenhang mit solchen Touristik-Angeboten dann direkt bei der Stadt anfallen würden.

Anmerkung: Alles richtig und unstrittig, tut nur nichts zur Sache. Die von der GmbH generierten Eintrittsgelder sind eben nicht nur Kompensation für die Dienstleistung der Gästebegleiter, sondern eben auch und gerade für die Nutzung des städtischen Keller-Labyrinths. Ausschließlich um dessen Vermarktung geht es.

Ergebnis: Drei lange Mails – erst in der letzten Schreibphase räumt Krethe ein, dass es keinen Stadtratsbeschluss gibt. Und: Neue Fragen tauchen auf. Wenn’s denn so wäre, wie Krethe schreibt, dass mit dem Ratsbeschluss alle Einnahmen und Kosten von der Stadtkasse weggenommen wurden – warum stehen im kommunalen Etat immer noch zwei Planstellen für Tourismus? Und wer zahlt die Kosten für die Unterhaltung der Keller (Strom, Versicherungen, Reinigung etc.)? Gibt es darüber eine Absprache – oder sind diese Kosten bei der Stadt verblieben?

Neue Fragen an Herrn Krethe – die Antworten stehen noch aus…

 

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