Ein Steuerexperte hat sich gemeldet. Er hat sich die Oppenheim Tourismus GmbH angeschaut, und auch seine Analyse ist vernichtend. Das Ergebnis seiner Berechnungen sieht – gelinde gesprochen – gar nicht gut aus für die Stadt Oppenheim! Und auch nicht für Marcus Held, der als Stadtbürgermeister der Sicherung des Vermögens der Stadt Oppenheim verpflichtet ist, zugleich aber die vermögensschädliche Installation der Gesellschaft initiiert hatte und ihre Geschäfte als deren Aufsichtsratsvorsitzender verantwortet.
Kurze Rückschau: Wir hatten aufgezeigt, dass die Oppenheim Tourismus GmbH ein typisches SPD-Klüngel-Unternehmen ist, mit Stadtbürgermeister Marcus Held an der Spitze des Aufsichtsrates und seinem Rathaus-Stellvertreter als Geschäftsführer. Der Erste Beigeordnete Hansjürgen Bodderas kassiert als GmbH-Chef 70.000 Euro im Jahr (zudem kriegt er als Beigeordneter rund 10.000 Euro/Jahr aus der Stadtkasse).
Wir hatten auch geschrieben, dass die Tourismus GmbH (der Stadt gehören nur 49 Prozent, die Mehrheit liegt im Wesentlichen bei SPD-Mitgliedern und Unternehmern, die mit Held eng verbunden sind) die Eintrittsgelder aus dem städtischen Kellerlabyrinth einbehält, und zwar ohne jede Vertragsgrundlage. Mehr als eine Million Euro, die eigentlich der Stadt zustehen, kassierte die GmbH in den letzten Jahren, ohne dass der Stadtrat gefragt worden wäre.
Trotz dieser Faktenlage durfte Stadtbürgermeister Marcus Held kürzlich unwidersprochen über die „Allgemeine Zeitung Landskrone“ die Mär verbreiten: Alles richtig so! Alles ganz korrekt! Die privaten Gesellschafter hätten noch keine Gewinne abgeschöpft, also habe sich niemand die Taschen vollgemacht…
Jetzt äußert sich dazu ein Steuerexperte. Er kennt die Stadt Oppenheim, er hat sich die Zahlen und Fakten angesehen. Er stellt eine Vergleichsrechnung an und schreibt:
Ausgehend vom bilanziell ausgewiesenen Gewinnvortrag der Tourismus GmbH (Jahresüberschüsse für die Jahre 2012 bis 2016) und unter der Annahme, dass die Stadt Oppenheim Erlöse und Aufwendungen in gleicher Höhe wie die Tourismus GmbH gehabt hätte, wäre die Stadt ohne die Tourismus GmbH um 71.615 Euro reicher. Dabei sind eventuelle Umsatzsteuerbeträge, die die GmbH als Vorsteuer abziehen könnte, nicht berücksichtigt.
Mit der GmbH sieht die Situation heute so – und für die Stadt deutlich schlechter – aus: Vom Gewinnvortrag der GmbH in Höhe von 50.256 Euro (also Jahresüberschuss minus 10.742 Euro Körperschaftssteuer, 591 Euro Soli-Zuschlag und 10.026 Euro Gewerbesteuer) stehen der Stadt nur 49 Prozent zu; da sie aber in den Genuss der 10.026 Euro Gewerbesteuereinnahme käme, hätte sie von der GmbH bestenfalls 34.652 Euro erhalten.
Konjunktiv, weil ja noch keine Ausschüttung erfolgt ist und nur die Gewerbesteuer veranlagt sein dürfte.
Hinzu kommt: Natürlich würde ein Bodderas bei der Stadt niemals auch nur annähernd 70.000 Euro im Jahr verdienen. Das wäre besoldungsrechtlich schlicht nicht möglich. Der Vermögensnachteil der Stadt durch die Einschaltung der GmbH beträgt also nicht nur 71.615 Euro, vielmehr erhöht er sich noch um die Überbezahlung von Bodderas (also um das Delta zwischen dem, was ihm besoldungsrechtlich in städtischen Diensten zustünde, und dem, was er als GmbH-Geschäftsführer tatsächlich kassiert).
Die Aussage von Stadtbürgermeister Marcus Held, dass sich bei der GmbH niemand die Taschen vollmacht, trifft somit insbesondere auf die Stadt zu, der man durch diese Gestaltung Liquidität in Höhe von mindestens 60.000 Euro vorenthält (Einnahmenüberschuss aus der Selbstvermarktung des Kellerlabyrinths abzüglich erhaltener Gewerbesteuerzahlungen der GmbH).
Daneben sind laut Gemeindeordnung geprüfte Bilanzen vorzuzulegen, was bedeutet, dass Wirtschaftsprüferhonorare anfallen, die es ohne die GmbH gar nicht gäbe und den Jahresüberschuss weiter schmälern.
Das Geld ist weg, in jedem Fall
Ein anderer Gedanke betrifft die Beurteilung durch das Finanzamt. Wenn die GmbH irgendwann einmal Rechnungen bezahlen sollte für die Überlassung von Betriebsmitteln (die Kelleranlage), die nicht in ihrem Eigentum stehen, könnte die Frage gestellt werden, auf welcher vertraglichen Grundlage das erfolgt. Ein Nutzungsvertrag liegt jedenfalls bislang nicht vor.
Wenn nun nachträglich ein Nutzungsüberlassungsvertrag geschlossen werden sollte mit dem Ziel, auch die Vergangenheit glattzustellen (Rückwirkung), läuft die GmbH höchstwahrscheinlich in ein steuerliches Dilemma:
Der Schaden der Stadt kann überhaupt nur dann kompensiert werden, wenn rückwirkend ein Nutzungsüberlassungsentgelt gezahlt wird. Andernfalls bleibt das städtische Vermögen irreversibel geschädigt.
Ein solcher rückwirkender Vertrag zwischen Gesellschaft und Gesellschafter dürfte jedoch durch die Finanzverwaltung nicht anerkannt werden. Das heißt: Die von der GmbH zu leistenden Nutzungsentgelte für die Vergangenheit könnten auf Gesellschaftsebene nicht steuermindernd als Betriebsausgaben geltend gemacht werden (sog. verdeckte Gewinnausschüttung). Die GmbH müsste also – wiewohl sie wirtschaftlich Aufwendungen hat – versteuern (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer). Sprich: Das Geld wäre weg – aber Steuern darauf müssten gezahlt werden.
Ein massiver Interessenkonflikt in Person von Held und auch in Person von Bodderas: Als Sachwalter städtischen Vermögens müssen sie auf einen rückwirkenden Nutzungsüberlassungsvertrag bestehen; als Organe der Tourismus GmbH müssen sie den Abschluss eines solchen Vertrags tunlichst verhindern. Welchem Herren sie wohl dienen?
Klar ist: Bei – steuerrechtstypischer – wirtschaftlicher Betrachtungsweise wird das Finanzamt Kosten der GmbH für die Instandhaltung des Kellerlabyrinths grundsätzlich anerkennen. Aber: Angesichts der engen Verflechtung der GmbH mit der Stadt, SPD-Mitgliedern und sonstigen gleichgerichteten Interessengruppen haben die Organe der Gesellschaft (Geschäftsführer, Aufsichtsrat) peinlich darauf zu achten, dass dies auf einer vertraglichen Grundlage geschieht. Ein solcher Vertrag mit verbundenen oder nahestehenden Personen bedarf der Schriftform. Und: Er muss einen angemessenen Ausgleich zugunsten der Stadt beinhalten.
Vehikel nur für eigene Machenschaften
Bei all den Beteuerungen und Rechtfertigungen, weshalb man eine GmbH brauchte, stellt sich die Frage nach Planungsrechnungen. Es ist zu fragen: Worin liegen die wirtschaftlichen Vorteile dieser Gestaltung für die Stadt? Wurden dafür Vergleichsrechnungen angestellt? Wurden Für und Wider abgewogen, und ist das dokumentiert?
Es steht zu vermuten, dass Budgetrechnungen oder gar Jahresplanungen nicht existieren und somit auch kein Vergleich, welcher objektive Vorteil durch die Einschaltung einer GmbH gegeben war. Was wiederum dafür spricht, dass man dieses Vehikel nur für eigene Machenschaften (Parteimitglieder und andere Seilschaften) gewählt hat.
Gleichwohl ist Marcus Held hier wieder im Einklang mit der Landes-SPD, die sich bei Nürburgring, Hahn, Zweibrücken, Schlosshotel Bad Bergzabern als der bessere Unternehmer wähnte, den Pensionsfonds Rheinland-Pfalz mal ausgenommen. Hier waren eher „kreative Gestalter“ nötig.
Die Gründung und der Betrieb einer GmbH sind gewiss nicht verwerflich und auch für Kommunen nicht verboten. Allerdings Maß aller Dinge ist der Schutz der Vermögenssphäre der Kommune, denn schließlich geht es um Eigentum der Allgemeinheit.