Hinter dem zweiten Türchen des Oppenheimer Adventskalenders verbirgt sich eine auf dem ersten Blick nur kleine Geschichte, die allerdings bei näherem Hinsehen voller Brisanz steckt. Es geht um die Gelder, die aus der Stadtkasse an die örtlichen Vereine gezahlt werden.
Zur Wahrheit des Rechnungshofberichts gehört auch, dass nicht nur das Fehlverhalten des Stadtbürgermeisters aufzuarbeiten ist. Sondern dass sich daraus aller Wahrscheinlichkeit nach Konsequenzen ergeben werden – einerseits für die Stadtspitze, in einigen Fällen sicher auch für die ganze Stadt:
Denn Oppenheim ist von seiner eigenen Stadtführung längst an den finanziellen Abgrund geführt worden. Der Absturz droht, und er wird äußerst schmerzhaft sein. Die Rechnungsprüfer schreiben von einer desaströsen Finanzlage, und dass der Stadt die Überschuldung drohe.
Die Folgen einer solch dramatischen kommunalen Finanzmisere sind unausweichlich: Eines Tages wird der Geldhahn zugedreht. Und dann trifft es, wie meistens, die Schwächsten.
Marcus Held, der mit dem Gestus feudaler Großzügigkeit sogar Grund und Boden der Stadt im großen Stil verschleuderte, hat sich in all den letzten Jahren auch mit dem Verteilen von Geld-Geschenken nicht zurückgehalten. Auf diese Weise konnte er natürlich viele Anhänger – und in dem ein oder anderen Fall sicherlich auch Mitglieder für seine Partei – gewinnen. Viele Oppenheimer schätzen ihn als großherzig ein, was nur verständlich ist, denn er gibt ihnen ja, und üblicherweise hinterfragt kein Mensch, woher ein Stadtbürgermeister seine vielen guten Gaben nimmt, und wie er seine vielen Geschenke eigentlich bezahlt.
Der Bericht des Landesrechnungshofes (LRH) macht es jetzt deutlich: Held nimmt das Geld aus der Stadtkasse, und da die bereits völlig leergeplündert ist, finanziert er seine Geschenke inzwischen über Schulden.
Ein solches Wirtschaften kann auf Dauer nicht gut gehen. Es wird zwangsläufig tiefe Einschnitte in die kleinstädtischen Strukturen Oppenheims geben, und sie werden viele Menschen in Oppenheim treffen. Das wird im Bericht der Rechnungsprüfer an einem konkreten Beispiel erkennbar:
Es gebe jährliche Zuwendungen an Vereine, schreibt die Kontrollbehörde aus Speyer, die würden einfach so verteilt – ohne jede Prüfung. Es werde in keiner Weise hinterfragt, ob überhaupt „ein Zuwendungsbedarf“ bestehe, wie es im Verwaltungsdeutsch heißt.
Jeweils bis zu 375 Euro, so führen die Experten der Kontrollbehörde auf, bekommen die Jugendfeuerwehr, die Meriankapelle, der TV 1846, der Tennisclub, der Schachclub, das DRK, der Fußballverein, die Stadtkapelle, die Arbeiterwohlfahrt, der Rassegeflügelzuchtverein, der Carnevalverein, die Evangelische Stadtmission, der Kanu-Club, der Tanzsportverein, die DLRG, der Aero-Club…
Es geht den Rechnungsprüfern wohl kaum darum, einem Verein notwendige Hilfen zu versagen. Die Prüfer kritisieren vielmehr, dass „ohne Anforderung von Verwendungsnachweisen“ in Oppenheim Geld verteilt wird, eben nach dem bekannten „Gießkannenprinzip“ – und auf Pump.
So dürfe es, sagen die fachkundigen Kontrolleure aus Speyer, auf keinen Fall weitergehen. Wörtlich formulieren sie in ihrem Bericht: „Die desolate finanzielle Situation lässt im Übrigen – letztlich kreditfinanzierte – Zuwendungen nicht zu.“
Die Entgegnung von Marcus Held zu diesem Punkt fällt ziemlich kleinlaut aus: Die Zuwendungen zur Jugendarbeit stellten „eine Form der Präventionsarbeit“ dar, auch liege der Zuschussbedarf stets über den symbolischen Zuwendungen.
Den Gedanken, dass diese Zuschüsse letztlich kreditfinanziert sind, dass sie deshalb eines Tages irgendwie zurückgezahlt werden müssen, und das vermutlich von künftigen Generationen, denen dann gleichzeitig selbst die symbolischen Zuschüsse versagt werden müssen: Solche Überlegungen stellt Held offenbar erst gar nicht an.
Das Prinzip solch verantwortungslosen Handelns ist bekannt: „Nach mir die Sintflut.“