SPD-Frau plant Selfie-Demo für Marcus Held

Der Plan klingt schon auf dem ersten Blick stark nach einer – so sagt mal ja wohl umgangssprachlich, auch wenn’s regional nicht ganz passend ist – Schnapsidee. Aber vielleicht ist ein solcher Plan auch zwangsläufig Folge, wenn man sich ausgerechnet in der Heimat des Krötenbrunnens dem südafrikanischen Rebensaft verschreibt und Emails mit dem Absender „afrika-wein“ verschickt.

Das ist der Plan: Stephanie Kloos ruft alle Mitglieder der Oppenheimer SPD zu einer Demonstration für ihren Stadtbürgermeister auf. Das Motto ist vorgegeben: „Marcus, wir stehen alle hinter Dir!“ Für diese Demo muss keiner extra auf die Straße gehen; Frau Kloos erwartet einen Liebesbeweis der ganz besonderen Art: Die Oppenheimer sollen sich fotografieren, und all die Fotos will Frau Kloos dann zu einem großen Selfie-Poster zusammenstellen und als Botschaft der ganzen Welt zeigen, die sich so bös’ gegen den Marcus stellt, der doch in Wahrheit der Held von Oppenheim ist: „Marcus, wir stehen alle hinter Dir!“

Glossiert

Emails mit diesem skurrilen Plan verschickte „Kloos&Kloos, Weingenuss aus Südafrika“ (Email-Absender) vorige Tage an die „lieben Genossinnen, liebe Genossen“ in Oppenheim, und schon die ersten Zeilen lassen erahnen, dass tief sitzender Frust die Worte diktiert haben muss – aber nicht wegen der Mainzer Staatsanwaltschaft, die unlängst schwerwiegende Ermittlungen gegen Marcus Held wegen des Verdachts der wiederholten Untreue eingeleitet hat. Nein, Frau Kloos, die Vorsitzende der SPD-Fraktion im Stadtrat ist, plagt ein anderes Ärgernis:

„Unsere Presseerklärungen werden von der AZ entweder gar nicht oder nur auszugsweise abgedruckt. Jede noch so unsinnige Unverschämtheit anderer politischer Lager erscheinen halbseitig mit Foto“, schreibt sie. Das geht natürlich gar nicht, und ärger kann’s eigentlich niemals werden, aber ach, wir sind in Oppenheim, da kommt’s immer noch einen Tick schlimmer: „Als ,Schmankerl’ bekommen wir dann, wie am vergangenen Samstag zu lesen, die Genossen würden nicht zu Marcus halten.“

Frau Kloos scheint, so müssen wir konstatieren, ein sehr eigensinniges Verständnis von Journalismus und Pressefreiheit zu haben, es erinnert an Erdogan-Land: Zeitungen müssen ihrer Meinung nach wohl die Presseerklärungen der herrschenden Partei abdrucken, und zwar im Wortlaut, und sie haben andere politische Meinungen gefälligst zu meiden.

Oder aber, auch das wäre eine Erklärung für den virtuellen Aufschrei der SPD- und Afrika-Wein-Dame: Die AZ hat’s mit ihrer Marcus-Held-Hofberichterstattung derart übertrieben, dass jetzt kleinste Abweichungen von dem jahrelang gepflegten parteipolitischen Redaktions-Kurs regelrecht Phantom-Schmerzen bei sozialdemokratischen (AL-Mann Raimund Darmstadt würde sagen: „spezialdemokratischen“) Aktivisten à la Kloos auslösen.

Jetzt, so meint sie jedenfalls, sei’s an der Zeit zu handeln, und sie ruft die „lieben Genossinnen, liebe Genossen“ zu einem Treueschwur nach Oppenheimer Art auf: „Wir wollen jetzt deutlich zeigen, dass wir sehr wohl zu Marcus stehen! Da es mit der AZ nicht möglich ist, werden wir einen anderen Weg gehen.“

Und dieser Weg sieht so aus: Die Genossinnen und Genossen sollen sich fotografieren und die Fotos („nur Porträts, möglichst hohe Auflösung“) an die Email-Adresse ihrer „afrika-wein.de“-Webseite schicken. Hundert Gesichter müssten schon zusammenkommen, meint Frau Kloos, wenn die Demo „richtig wirkungsvoll“ werden soll, sie bietet sich auch freigiebig an: „Ich komme auch gerne vorbei und fotografiere.“

Offen lässt ihr Rundschreiben, was mit dem „Marcus, wir stehen alle hinter Dir“-Poster geschehen soll. Aber bestimmt findet sich dazu noch eine gute Schnapsidee, diesmal vielleicht ersonnen bei einem Gläschen 2014er Cabernet Sauvignon-Merlot Perdeberg Rotwein, käuflich zu erwerben im Afrika-Shop von Frau Kloos, es ist ihr derzeitiger „Schnäppchenwein“, kostet auch nur 8,50 Euro pro Flasche zzgl. Versandkosten. Erste Vorschläge:

Das Selfie-Banner wird im Schaufenster des SPD-Büros ausgestellt. Aber, zugegeben, das wäre etwas kleingeistig gedacht.

Besser wäre doch: Wir nageln’s hoch oben an die Rathaus-Fassade! Oder noch besser, das wäre der Hit: Wir hängen’s an den Kirchturm der Katharinen-Kathedrale! Die ganze Welt würde auf Oppenheim schauen!

Und dann schicken wir das Poster natürlich noch an die AZ, als Vorschlag für eine wirklich tolle redaktionelle Doppelseite, und verbunden mit den lieben Grüßen von der Oppenheimer SPD sowie dem freundlichen Hinweis: Unser Marcus hat euch so viele Anzeigen beschert, da könnt ihr in diesen schweren Zeiten gefälligst auch mal was für ihn tun!

PS

Offen ist bisher noch, was mit den Genossinnen und Genossen passiert, die kein Selfie an Frau Kloos schicken. Aber da findet sich bestimmt was: Gleich ausschließen aus der SPD-Ortsverein? Wäre nur gerecht! Zielführender aber wäre natürlich, ihnen eine ordentliche Spende zu Gunsten der SPD aufzuerlegen! Alternativ könnte man sie natürlich auch zum Kauf eines überteuerten Plantsch-Abos fürs Hallenbädchen Opptimare verpflichten: Marcus Held würde sie dort persönlich begrüßen – incl. anschließendem Foto in der Allgemeinen Zeitung!

PPS

Wir hätten Frau Kloos gerne zu ihrem „Marcus, wir stehen alle hinter Dir“-Plan befragt. Wir hätten sie gerne gefragt, was sie mit ihren Liebesschwüren eigentlich wirklich bezwecken will – in einer Zeit, da der Mann unter dringenden Verdacht steht, gegen Gesetze verstoßen zu haben.  Glaubt sie ernsthaft, die Staatsanwaltschaft lasse sich von so einem Selfie-Poster beeindrucken?

Frau Kloos mag solche Fragen nicht. Sie legte auf.

 

 

 

4 Kommentare zu „SPD-Frau plant Selfie-Demo für Marcus Held“

  1. Haha, hurra wir erleben eine Provinzposse! Im Land des Bimbes- und Saumagenkanzlers sind die „Mächtigen“ der Tradition verpflichtet.

  2. Da soll wohl kontrolliert werden wer von den Genossen noch Fahnen(Held)treu ist.
    Lächerlich……….

  3. Das ist ja mal eine Nachricht! : Wir stehen alle hinter Dir, Marcus! Was hat er davon, wenn alle „hinter“ ihm stehen? Weil, dann bekommt er doch wieder alles ab, ob gerecht oder ungerecht, ob wahr oder unwahr! Die Schläge treffen den Bürgermeister also voll auf die Zehn, was bedeuten wird, dass er noch weiter angezählt wird. Dieses „hinter“ ihm stehen ist genau so unsinnig wie: Gestern standen wir noch am Abgrund, heute sind wir einen entscheidenden Schritt nach vorne gekommen! Also Absturz!

    So schräg ist die Welt! So fühlt man Absicht – und – man ist verstimmt! Goethe!

  4. Ich möchte nicht unbedingt jeden hinter mir stehen haben, die Gefahr ein Messer von hinten rein gerammt zu bekommen ist nicht zu unterschätzen. 🤔🙂

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