Rechnungshof: Zu viele Flaschen im Rathaus Oppenheim

Überraschung in Oppenheim: Die Lokalzeitung hat recherchiert und neue Details aus dem Bericht des Landesrechnungshofes erfahren! Den Lesern dieser Webseite ist das Meiste davon längst bekannt; was wir in dieser Deutlichkeit nicht wussten: Im Rathaus müssen sich ganz schön viele Flaschen stapeln! Da ging’s wohl ordentlich rund…

Man habe mit verschiedenen Personen gesprochen, schreibt die „Allgemeine Zeitung Landskrone“ heute auf ihrer Webseite, unter den Informanten befänden sich auch Landespolitiker, die den Entwurf der Prüfmitteilungen bereits hätten lesen können. Und so habe man erfahren:

  • Der Entwurf der Prüfmitteilungen umfasse 80 Seiten (nachzulesen bereits vor einem Monat hier).
  • Mehr als drei Viertel des Berichts befasse sich mit der Stadt Oppenheim.
  • Allein auf fünf Seiten gehe es um die Immobiliengeschäfte im Baugebiet Krämereck-Süd (in allen Details dargestellt hier und hier).
  • Die Oppenheim Tourismus GmbH werde als Konstruktion in Frage gestellt (nachzulesen u.a. hier,  hier, hier, hier und hier).
  • Ein weiteres Großthema seien die Merkwürdigkeiten bis hin zur Kostenexplosion beim Gradinger-Abriss (nachzulesen u.a. hier, hier, hier und hier).

Das alles ist, wie gesagt, nicht sonderlich neu, es stand im wesentlichen längst auf dieser Webseite. Unsere Berichterstattung wurde allerdings wiederholt öffentlich von Marcus Held als grundsätzlich falsch diffamiert („Rufmordkampagne“, „geschäftssschädigende Darstellungen eines angeblich neutralen Journalisten“), was sich mit diesem AZ-Bericht vollumfänglich erledigt haben dürfte.

Interessant ist ein Halbsatz in dem AZ-Artikel, dessen Dimension der Redakteur vermutlich etwas unterschätzt hat, sonst hätte er dem Thema sicherlich angemesseneren Raum eingeräumt: In den Prüfmitteilungen des Landesrechnungshofes, so schreibt die Zeitung, gehe es auch „um Großspenden von Personen, die Auftragnehmer der Stadt sind“. Das Thema könnte noch eine enorme Sprengkraft entwickeln: Die anonymen Dossier-Autoren hatten erstmals darauf hingewiesen, dass der tiefere Sinn von Helds dubiosen Geschäften in Kickback-Zahlungen zu suchen sei, mit denen die SPD-Kassen gefüllt wurden.

Die brisante Information könnte auch den tieferen Sinn eines Satzes in der Pressemitteilung des Landesrechnungshofes vom 13. Juli dieses Jahres erklären: „Mit Schreiben vom 14. Juni 2017 hat der Rechnungshof die Staatsanwaltschaft Mainz über Prüfungserkenntnisse informiert, aus denen sich Anhaltspunkte für strafrechtlich relevante Handlungen insbesondere privater Dritter ergeben könnten.“ Über diesen Satz wurde lange gerätselt, dann wurde er vergessen; jetzt wird langsam klarer, was gemeint sein könnte…

Die Partei hatte nach Bekanntwerden der Kickback-Verdächtigungen umgehend Überprüfungen der Oppenheimer Geldflüsse angekündigt – das war vor gut acht Monaten. Inzwischen stecken die Genossen bei diesem Thema den Kopf ganz tief in den Sand, wie wir am vergangenen Wochenende berichtet hatten: Ein Ergebnis der Überprüfungen wollte man auch auf mehrmaliges Nachfragen partout nicht mitteilen – wohl aus gutem Grund, wie jetzt zu vermuten ist.

Interessant sind schließlich noch ein paar Details, von denen die Zeitung gehört hat: So sollen die Prüfer aus Speyer äußerst erstaunt gewesen sein über die vielen Flaschen im Oppenheimer Rathaus: In vierstelliger Anzahl wurden sie angeblich zu Repräsentationszwecken angeschafft. Die Rechnungsprüfer monieren auch die hohen Kosten, die Marcus Held mit dem Veranstalten von Festen verursachte. Auch setze die Stadt auf eigene Kosten Schülerlotsen ein, was eigentlich Sache der Verbandsgemeinde sei.

Kritisch wird weiter hinterfragt, dass  Ratsmitglieder trotz der desolaten Finanzsituation Ehrenringe bekommen. Und auch der Dienstwagen von Stadtbürgermeister und VG-Bürgermeister wird laut AZ thematisiert, was insofern überraschend ist, als Held vor Monaten die Existenz eines Dienstwagens glattweg abgestritten hat.

Und dann gibt’s noch ein ganz heißes Thema: Stadt wie Verbandsgemeinde, so merken die Rechnungsprüfer an, beschäftigten zu viele Beigeordnete und Beauftragte. Wir haben schon mehrmals darüber berichtet: So kassiert Marcus Held neben diversen anderen (bezahlten) Jobs Monat für Monat 600 Euro als „Beauftragter für das Hallenbad Opptimare“. Kein Einzelfall!

Ausgerechnet in diesem Punkt sieht die „Allgemeine Zeitung Landskrone“ jetzt „politischen Sprengstoff“: Ein angeblicher (und leider namentlich nicht genannter) Experte wird zitiert, der den Bericht des Landesrechnungshofes als „Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung“ einstuft und das Ehrenamt bedroht sieht. Begründet wird dieser verwegene Verdacht nicht näher, was den Rückschluss zulässt, dass die Information an die Zeitung zumindest in diesem Punkt aus der Stadtspitze gesteuert wurde:

Denn hier zeichnet sich eine Verteidigungsstrategie der umstrittenen Lokalpolitiker ab: Man versucht offensichtlich, die Prüfmitteilungen aus Speyer als Angriff auf das gemeinsame Miteinander in Oppenheim zu diffamieren. Die Stadt leiste doch so viel für ihre Bürger, wird unterschwellig verbreitet und von der AZ prompt unreflektiert weitergetragen, und nun komme der böse Landesrechnungshof und bedrohe das alles…

18 Kommentare zu „Rechnungshof: Zu viele Flaschen im Rathaus Oppenheim“

  1. vermutlich liegen die vielen überflüssigen Flaschen nicht im Regal oder in der Verpackung, sondern sitzen an den Schreibtischen der Stadt oder der VG! In Rom war das so, dass die Senatoren und der Regent Gewänder trugen, so dass man sie sofort als Staatsmacht hat erkennen können. Das sollte man auch in Oppenheim und Nierstein einführen! Ich stelle mir das gerade vor, Held, Krethe, Bodderas, Günther und evtl. Baumgarten in eine Toga gehüllt! De Begge Peder det sage: Wie geil ist das denn!

    Die Bürger könnten, wenn, wie jetzt, etwas aus dem Ruder läuft oder gelaufen ist, sagen: Wie erkennt man die Verantwortlichen? Sie tragen seltsame Gewänder und irren ziellos umher!

    Fürwahr ein toller Gedanke!

  2. Nicht zuletzt zieht es Kreise, bis in die höchste Landesebene. Wieder einmal ist der Innenminister mit im Boot. Und wenn der Innenminister dabei ist, ist die Ministerpräsidentin nicht weit entfernt.
    „…..Und nicht zuletzt müssten sich die Aufsichtsbehörden fragen lassen, warum sie dieser angeblichen Verschwendung jahrelang tatenlos zugesehen haben. Das betrifft die Landkreise und das Innenministerium. Wie gesagt: viel politischer Sprengstoff…..“ (AZ vom 17.11.2017)

    http://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/mainz/nachrichten-mainz/landesrechnungshofbericht-zu-oppenheim-eingriff-in-die-kommunale-selbstverwaltung_18324164.htm

  3. Und ich dachte schon, dass der Blog jetzt auch unter der AZ firmiert.
    Da waren so bekannte Begriffe wie „Causa Held“ aber auch (unverschämte) Behauptungen, dass die Leser und Bevölkerung über den Skandal informiert seien.

    Mein Gedanke war: Ja, AZ, dann hättet Ihr mal locker wenigstens die URL dieses Blogs veröffentlichen müssen.

    So stellt sich der bekannte Reakteur als unabhängiger Berichterstatter dar und schmückt sich gnadenlos mit fremden Federn.

    Ein Lob an den Vorsitzenden des Rechnungsprüfungsausschuß, der sich laut AZ nicht vor dem Prüfkarren spannen läßt.

  4. nein, nein, geteert, gefedert und gevierteilt, das war eine andere Baustelle! das war nicht der Senat in Rom!

  5. ….Die Todesstrafe wurde 1991 aus der rheinland -pfälzischen Verfassung gestrichen…. Das wird nix mit Vierteln 🙂

  6. Und weshalb kritisiert das der Landesrechnungshof Speyer aktuell (!), wenn Held angeblich seit Jahren keinen Prestige-Dienstwagen, wie Minimum zehn Jahre lang, gar nicht mehr fährt?

  7. Selbst wenn er keinen mehr hat – was wohl hier keiner genau weiß – kann das in der Vergangenheit ja auch noch zu kritisieren sein. Und we weiß was da noch alles geprüft wird – könnte ja sein, dass er nen BMW 330 mit Vollausstattung gefahren hat statt nen 316 normal – was dann ne Frage der Leasinghöhe wäre, die zu prüfen ist.

    Wir werden es erfahren.

  8. Der Spruch „Prost Gemeinde der Vorstand säuft“ kommt scheinbar nicht von ungefähr und wird in Oppenheim demnach sehr ausgiebig gelebt :-)))

  9. Angriff auf die „Kommunale Selbstverwaltung“

    Das ist eine gewagte (Experten)These, die offensichtlich eine weitere Nebelkerze darstellt und den Leser manipiulieren soll.

    Die kommunale Selbstverwaltung ist in Artikel 49 der Landesverfassung geregelt:
    http://landesrecht.rlp.de/jportal/?quelle=jlink&query=Verf+RP+Artikel+49&psml=bsrlpprod.psml

    HIer wird im Absatz 3 nicht völlig überraschend bestimmt:

    „(3) Das Recht der Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten ist den Gemeinden und Gemeindeverbänden gewährleistet. Die Aufsicht des Staates beschränkt sich darauf, dass ihre Verwaltung im Einklang mit den Gesetzen geführt wird.“

    Die Verwaltung MUSS also im EINKLANG MIT DEN GESETZEN GEFÜHRT WERDEN. Davon scheinen einige Körperschaften meilenweit entfernt zu sein. Jedenfalls ist die „Oppenheimer Tumultordnung“ nicht mit den „Gesetzen“ gemeint, die es einzuhalten gilt.

    Der Expertenvergleich hinkt auch aus anderen Gründe:
    Würden man der These nach dem Gesetzen der Logik folgen, könnte sich jeder Betrüger, Mörder, Sexualstraftäter usw drauf berufen, dass er seine grundgesetzlich garantierten freie Entfaltung seiner Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz auslebt.
    Aber auch dieses Grundrecht wird natürlich nicht schrankenlos gewährt:

    „Art. 2 GG – Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung/Leben/körperliche Unversehrtheit/Freiheit der Person
    (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“

    Die Schranken liegen in der verfassungsmäßigen Ordnung (alle Gesetze und Vorschrifgten) sowie die sittlichen Wertevorstzellungen.

    Ich stelle mir die Frage, in wie weit vorliegend die kommunale Selbstbestimmung durch das gesetzlich zulässige Prüfverfahren des Landesrechnungshofes tangiert sein soll.

    Vielleicht erläutert das der Experte einmal. Ich bin gespannt.

  10. In der AZ wird in Bezug auf die Kritik des Landesrechnungshofes eindeutig im Präsens (grammatikalische Gegenwartsform) berichtet, also einem Ist-Zustand! Zitat: „Brauchen Held und VG-Bürgermeister Klaus Penzer (SPD) Dienstwagen? Muss Oppenheim jedes Jahr eine vierstellige Zahl Weinflaschen zu Repräsentationszwecken verschenken?“
    Der Anonymous, der hier das Gegenteil behauptet (wie auch Held gegenüber dem Autor dieser Seite), scheint hier wohl nur einen Teil der Wahrheit zu berichten. Und man darf spekulieren, wer ihm diese Sprechblase in den Mund gelegt hat. Ebenso darf darum ruhig einmal spekuliert werden, wer nun seit „einigen Jahren“ den Dienstwagen fährt, offiziell oder inoffiziell…
    Jedenfalls liegt ein offizielles Dementi Helds nicht vor!

  11. Mir wurde sogar zugetragen, dass er einen eigenen Fahrer türkischer Abstammung (für diesen Dienstwagen) habe soll. Die Abstammung ist völlig nebensächlich. Aber vielleicht kann ja ein Insider was mit der Info anfangen und die verifizieren.
    Aber ganz ausdrücklich: nur vom erzählen

  12. Habe nur gesehen dass er manchmal von seinem „wissenschaftlichen Mitarbeiter“ gefahren wird.

    Aber die meiste Zeit sitzt er definitiv selbst am Steuer.

    Wäre auch weiter nicht schlimm, wenn der BMW von ihm selbst bezahlt wird….

  13. Soso. Dienstwagen. Gibt’s da schon ein paar Jahre nicht mehr. Und die angeblich nicht existenten chinesischen Firmen – offenbar auch eine Erfindung des Autors. Danke für die gezielte Desinformation.

  14. Hallo Stefan, kann es sein, dass Sie sich in der Adresse geirrt haben? Oder etwas überlesen haben?

    Zur Klarstellung: Über den Dienstwagen des Oppenheimer Stadtbürgermeisters schrieb erstmals die AZ, nachzulesen hier, sodann heute hier: Danach leistete sich Marcus Held bis 2014 u.a. einen Allrad-BMW 330d Touring xDrive, Neupreis ab 50.000 Euro aufwärts. Und die Stadt zahlte alles, angeblich auch Helds Privatfahrten, was laut Landesrechnungshof rechtswidrig gewesen sein soll.

    Und was die chinesischen Firmen in Nierstein angeht: Bis heute ist unbekannt, wie sie wirklich heißen. Laut Bürgermeister Thomas Günther, der diese Frage bisher nicht beantwortete (oder beantworten konnte), soll alles längst notariell unter Dach und Fach sein – nachzulesen hier. Eine Nachfrage beim Amtsgericht in Mainz, wo notarielle Verträge einsehbar sind, ergab jedoch: Die Firmen existieren gar nicht.

    Gezielte Desinformation? Manchmal muss man nur die Fakten sehen. Und schon blickt man durch.

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