LRH 15: Prüfer watschen Penzer ab – und das auf seine alten Tage!

Wir haben im 112-seitigen des Landesrechnungshofes gelesen, was die Experten aus Speyer zur Verwaltung der Verbandsgemeinde Rhein-Selz geschrieben haben. Und wir müssen zunächst einmal zusammenfassend feststellen: Nach alledem, was die unabhängigen Prüfer der Kontrollbehörde ermittelt und zu Protokoll gebracht haben, hat sich die Behörde von Bürgermeister Klaus Penzer eindeutig – wir nennen’s einfach mal so – der „Beihilfe zum Oppenheim-Skandal“ schuldig gemacht.

Der Bericht beklagt, frei übersetzt: Verwaltungschaos. Veraltete Strukturen. Dadurch bedingt informelles Kuddelmuddel. Organisationsversagen. Mangelnde Kontrollen. Fehlende Unterlagen. Und  einen krassen Fall von eigenmächtiger Bereicherung, der ganz oben im „Rondo“, wie der Verwaltungsbau am Sant‘ Ambrogio-Ring 33 in Oppenheim vom Volksmund genannt wird, anzusiedeln ist.

Wir werden in den nächsten zwei, drei Tagen alle Details aus dem Rechnungshofbericht zur VG-Verwaltung nennen und, wie üblich, in den Gesamtkontext einordnen. Heute schauen wir zunächst aus der Adler-Perspektive auf den kreisrunden Bau: Auf den ersten Seiten des Rechnungshofberichts verraten uns einige Grafiken, wie es um die  finanzielle Situation der Region steht. Die sieht, das dürfte aber wohl niemanden mehr richtig überraschen, nicht sonderlich rosig aus. Schnell ein paar Beispiele:

  • Bei den Steuereinnahmen lag die Verbandsgemeinde Rhein-Selz in den Jahren 2013 bis 2015 deutlich unterm Landesdurchschnitt.
  • Richtig teuer ist sie beim Personal: Das kostet umgerechnet auf einen Einwohner 228 Euro. Bei vergleichbaren Verbandsgemeinden lag der Betrag bei nur 203 Euro.
  • An Investitionsschulden hatte die Verbandsgemeinde bis Ende letzten Jahres 467 Euro je Einwohner angehäuft; beim Durchschnitt der Verbandsgemeinden lag dieser Betrag bei 286 Euro.
  • Die teuren und risikobehafteten Liquiditätskredite betrugen zum 31. Dezember 2016 in der VG Rhein-Selz 544 Euro pro Einwohner; der Durchschnitt der Verbandsgemeinden lag bei 226 Euro.

Eine wichtige Kennzahl gibt es noch, die klingt auf dem ersten Blick sehr abstrakt, ist aber für die Menschen in einer Verbandsgemeinde von sehr großer, weil unmittelbarer Bedeutung: Die Umlage der Verbandsgemeinde Rhein-Selz lag in 2015 bei 42 Prozent. Als Vergleich dazu der Durchschnitt der Verbandsgemeinden: 36,69 Prozent. Also ein um 5,3 Prozentpunkte erhöhter Wert in der VG Rhein-Selz.

Mit der Umlage ist es eine ganz einfache Sache: Damit wird errechnet, wie viel Geld von den Kommunen (also auch von der Stadt Oppenheim) aufgebracht werden muss, damit die Verbandsgemeinde ihre Verwaltung und ihre Aufgaben finanzieren kann. Durch die Umlage wird der Fehlbetrag gedeckt, den die Verbandsgemeinde durch eigene Finanzmittel nicht finanzieren kann. Je höher die Umlage ist, desto mehr müssen die Gemeinden zahlen; je niedriger die Umlage ausfällt, desto mehr Geld verbleibt den Kommunen zur eigenen Verwendung.

Wir halten fest: Die verbandsangehörigen Gemeinden (namentlich auch die Stadt Oppenheim) zahlen für die Wahrnehmung ihrer Verwaltungsgeschäfte durch die Verbandsgemeinde Rhein-Selz eine vergleichsweise hohe Umlage. Insofern müssten die Menschen in der VG Rhein-Selz ein vitales Interesse daran haben, dass erstens die Umlage auf ein Minimum sinkt und zweitens für die gezahlte Umlage ein Maximum an Verwaltungsleistung abgerufen und erbracht wird.

Ganz generell müssten sich die Menschen angesichts diese Erkenntnislage – 42 Prozent Umlage! – fragen, warum andere Verbandsgemeinden ihren Kommunen deutlich weniger abverlangen.

Millionenbetrag könnte eingespart werden

Schlagen wir nun eine neue Seite im Rechnungshofbericht auf – eine der zentralen Prüfmitteilungen zur VG Rhein-Selz lautet:

„Durch angemessene Begrenzung der Aufgabenwahrnehmung, geeignete organisatorische Maßnahmen und Minderung des Personaleinsatzes könnte die Umlagebelastung – überschlägig ermittelt – um mindestens drei Prozentpunkt (1,2 Mio Euro jährlich) verringert werden.“

Klartext: Weniger Aufgaben! Eine bessere Organisation! Reduzierung des Personals! Und schon kann in der VG-Verwaltung ein Millionenbetrag eingespart werden!

Willkommen in der Verbandsgemeinde Rhein-Selz, willkommen im „Rondo“ in Oppenheim, Sitz einer Verwaltung, die sich neben Beigeordneten mit Geschäftsbereich und Beauftragten auch noch einen (inzwischen zu 75 Prozent) freigestellten Personalrat leistet. Geleitet wird diese Behörde von Klaus Penzer, einem Verwaltungsfachmann, der, wie wir in jüngster Vergangenheit wiederholt feststellen mussten, seinen Zenit längst überschritten hat. Er wollte gerne bis 70 weiterarbeiten, seine offizielle Amtszeit endet schließlich erst 2022, doch nun heißt es, er wolle am liebsten schon im nächsten Jahr den Bettel hinschmeißen. Er will nicht mehr, zumal sich zuletzt auch noch seine vermeintlichen Freunde, einige SPD-Vorderen, äußerst missmutig über ihn und die Arbeit seiner Verwaltung geäußert haben. Und das in aller Öffentlichkeit! So etwas braucht man in seinem Alter und nach der Lebensleistung nun wirklich nicht mehr!

Penzers Problem ist nur: Er hat den richtigen Zeitpunkt für einen guten, also ehrenvollen Abgang verpasst. Seit Monaten quillt hoch, was jahrelang unterm Deckel gehalten wurde, der ganze Polit-Schmutz des Marcus Held, die Brühe beschmutzt auch den Bürgermeister, und als wär’s nicht genug, erweisen sich zu allem Übel auch noch die alten Bande als bröselig…

Längst werden, so ist Politik nun mal, hinterrücks die Messer gewetzt, ein Schuldiger für den ganzen Schlamassel muss her. Penzer weiß, dass sie ihn ausgemacht haben, dass sie über ihn herziehen. Aber was soll er machen?

Ja, was soll er machen? Der Bericht des Rechnungshofes gibt ihm den Rest. Da kriegt er Prügel für das Verwaltungschaos, das die Experten aus Speyer in seinem Haus vorgefunden haben, für organisatorisches Versagen seiner Behörde, für das er als Chef geradestehen muss. Und er kriegt sicher auch manche Schläge ab für Fehler, die gemacht wurden, weil er immer wieder dem Drängen der Politik nachgegeben hat. Parteisoldat, wie er eben ist. Am Ende ist er der Dumme, Mitleid ist keine Polit-Kategorie.

So muss er jetzt auf Seite 20 in den Prüfmitteilungen aus Speyer lesen:

„Es ist sicherzustellen, dass die Verwaltungsgeschäfte der Stadt von der Verbandsgemeinde zu führen sind.“

Das klingt vielleicht lapidar, schmerzt jedoch den früher sich so stark fühlenden VG-Chef wie ein äußerst fieser Tiefschlag: Bedeutet der Satz doch, wenn man ihn aus dem Behördensprech übersetzt, dass er, Penzer, endlich und gefälligst seinen Job machen solle. Dabei weiß doch jeder, der die Gegebenheiten der Region kennt, dass das gar nicht so einfach ist – mit einem Michael Reitzel, dem selbstherrlichen Polit-Fürsten der SPD, ist eben nicht gut Kirschen essen, wenn man nicht so spurt, wie der will. Und ein in internen Besprechungen schnell ruppig-hemdsärmelig auftretender SPD-Stadtbürgermeister Marcus Held, der auch noch stets mit der Macht eines Bundestagsabgeordneten kokettiert, kann äußerst ungehalten und unangenehm werden, wenn man ihn zur Einhaltung von Recht und Ordnung bewegen möchte.

"Sachverstand der professionellen Verwaltung" nicht genutzt

So ist es eben in der Verbandsgemeinde Rhein-Selz, so erklärt sich auch die Feststellung der unabhängigen Prüfer aus Speyer:

„Bürgermeister, Beigeordnete, Personal oder Beauftragte der Stadt Oppenheim erledigten Aufgaben ohne Beteiligung der Verbandsgemeindeverwaltung, z. B. Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Aufschluss von Grundstücksverträgen, Beschaffungs- und Vergabeverfahren, die Beantragung von Fördermitteln.“

Die VG-Verwaltung, so der implizierte Vorwurf, habe regelmäßig hingenommen, von den Oppenheimer Stadtgrößen in ihren ureigensten Verwaltungsaufgaben übergangen zu werden. Das ist die Kehrseite des skandalösen und gesetzwidrigen Treibens im städtischen Rathaus. Und das Hinnehmen dieses Übergehens der VG-Verwaltung habe bewirkt, dass „der Sachverstand der ,professionellen’ Verwaltung nicht benutzt wurde. Dies führte zu Fehlern im Verwaltungshandeln“.

Besonders tragisch ist dieser Befund deswegen, weil die Stadt Oppenheim für die nicht genutzten Verwaltungsressourcen der Verbandsgemeinde Rhein-Selz mit einer überdurchschnittlich hohen Verbandgemeindeumlage zur Ader gelassen wird. Kumulierter städtischer Aufwand eben durch die Einrichtung der unkontrollierten Nebenverwaltung an der Merianstraße.

Der Prüfbericht, der in relativ kurzer Zeit erstellt werden musste, weshalb die Experten aus Speyer kaum in die Tiefe gegangen sein können, nennt gleichwohl weitere Einzelheiten: Zu etlichen Themen – zum Beispiel zu den Immobiliengeschäften Krämereck-Süd, der Tourismus GmbH oder auch bei der Anschaffung und Abrechnung eines Dienstwagens für den Stadtbürgermeister – habe die VG-Verwaltung keine Unterlagen vorlegen können, und zwar mit der schlichten Begründung: Die lägen bei der Stadt Oppenheim.

Eine Behörde, die Akten nicht greifbar hat: Das ist klassisches Verwaltungsversagen. Und in diesem Fall nichts Anderes als das Ergebnis dessen, dass die Verwaltungsgeschäfte der Stadt – an der Verbandsgemeindeverwaltung vorbei – eigenmächtig in das städtische Rathaus verlagert wurden. Diese von Penzer zugelassene Installation einer Nebenverwaltung ermöglichte erst das unkontrollierte Treiben im städtischen Rathaus Oppenheims!

Ein weiter Kritikpunkt: Zahlungen für die Stadt Oppenheim wurden von der VG-Verwaltung abgewickelt, wenn Stadtbürgermeister Held nur sein „ok“ auf die Rechnung geschrieben hatte. Dabei, so bemängelt der Rechnungshof, hätten einige Gelder gar nicht überwiesen werden dürfen – wenn die VG-Verwaltung nur vorschriftsmäßig ihre Aufgaben erledigt hätte. „Zahlungen dürfen nur vorgenommen werden, wenn die Zahlungsansprüche anhand der erforderlichen Unterlagen geprüft wurden“.

Die Prüfer erklären Penzer das vorgeschriebene, eigentlich ganz normale Procedere derart genau, dass man glauben könnte, sie befürchteten, er kenne die Vorschriften nicht: „Jeder Zahlungsanspruch und jede Zahlungsverpflichtung sind auf ihren Grund und ihre Höhe zu prüfen und festzustellen (sachliche und rechnerische Feststellung § 25 Abs.3 Satz 1 Gemeindehaushaltsverordnung).“ Auf keinen Fall, so schreiben sie ausdrücklich, dürften Gelder nur deshalb überwiesen werden, weil der Bürgermeister „ok“ auf eine Rechnung geschrieben hat:

„Die Mitarbeiter der Verbandsgemeinde, die Anordnungen ,sachlich richtig’ unterschreiben, übernehmen damit die Verantwortung für alle in der Anordnung enthaltenen Angaben.“ Daraus ergibt sich: „Die sachliche Richtigkeit auf Anordnungen darf nur bescheinigen, wer den der Zahlung zugrundeliegenden Sachverhalt überblicken und beurteilen kann.“

Das alles klingt wie das „Kleine Einmaleins der Verwaltungsfachkunde“. Aber offensichtlich vermeinten die Prüfer aus Speyer, dass es an der Zeit sei, Herrn Penzer auf derartige Selbstverständlichkeiten ganz deutlich hinweisen zu müssen.

Angesichts der festgestellten Schieflage in ganz elementaren Bereichen der Verwaltungsgeschäfte möchte man sich gar nicht ausmalen: Wenn die Prüfer nur etwas mehr Zeit gehabt hätten – was hätten sie noch alles gefunden in der VG-Verwaltung? Wie viel ist wirklich schief gelaufen in Penzers Laden, und wie viel läuft immer noch nicht korrekt ab?

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