Unschöne Adventsüberraschung im Hause Penzer am Ortsrand von Selzen: Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Rhein-Selz bekam eine Rechnung über mehr als 6.500 Euro, die er von seinem Privatkonto an seine eigene Behörde überweisen muss. Damit soll er die Kosten – oder wenigstens einen Teil davon – begleichen, die er mit Privatfahrten in seinem Dienstwagen verursachte. Mit dem Bezahlen der Rechnung dürfte das Thema aber noch nicht vom Tisch sein: Zu viele Fragen bleiben offen. Zugleich wird einmal mehr deutlich, wie unverfroren die Öffentlichkeit von der Oppenheimer Stadtspitze getäuscht und belogen wird – bis heute!
Wir hatten unlängst berichtet, was der Landesrechnungshof zum Dienstwagen von Oppenheims Stadtbürgermeister geschrieben hat: Die Autos, die sich Marcus Held auf Stadtkosten zugelegt hatte (zuletzt einen Allrad-BMW mit dem Kennzeichen MZ-MH 1510, Held ist am 15.10.1977 geboren), waren viel zu teuer. Die Leasingraten kosteten mehr, als Minister in Mainz ausgeben dürfen. Auch glaubte der Stadtbürgermeister, der Nutzungsvertrag – der rechtswidrig zustande gekommen war, Held hatte ihn im stillen Kämmerlein mit seinem Beigeordneten ausbaldowert – erlaube ihm Privatfahrten auf Stadtkasse. Was er auch jahrelang ausgiebig nutzte, ebenfalls rechtswidrig…
Und jetzt lesen wir im Bericht des Landesrechnungshofes: Auch Penzer hat sich einen Dienstwagen für seine privaten Fahrten gegönnt. Also hat auch er sich auf die gleiche Weise wie Marcus Held an der Allgemeinheit bereichert.
Man muss sich das wohl so vorstellen: Die ersten Jahre fuhr der Chef der Verbandsgemeindeverwaltung biedere Opel aus Rüsselsheim – erst einen Omega, dann einen Vectra, dann einen Astra. Danach, es war die Zeit, als Oppenheims Stadtbürgermeister mit einem BMW allradgetrieben durch die Lande kutschierte, wollte auch Penzer einen solch flotten Flitzer aus der Münchener Autofabrikation. Es verlangte ihn nach einen BMW 318i, und er ließ sich zwei solcher Fahrzeuge in den Jahren 2012 bis 2014 bestellen, wie gesagt, immerzu auf Kosten der Allgemeinheit.
Jetzt will ich aber einen Audi! Der ist nicht nur schicker, der ist auch ein bisschen höher, da kann man im Alter leichter ein- und aussteigen: So müssen die nächsten Wünsche Penzers an seine automobile Dienstausstattung geklungen haben. Auch das war kein Problem: Fortan stand ein schicker Audi A3 vorm „Rondo“. Letztes Jahr kam das neueste Modell, ganz in Schwarz, das fährt Herr Bürgermeister bis heute…
Irgendeine schriftliche Dienstwagenvereinbarung, wonach er das Auto zur Privatnutzung, und zwar unentgeltlich, nutzen dürfe, „konnte nicht vorgelegt werden“, heißt es im Bericht des Rechnungshofs. Und weiter: „Der Bürgermeister teilte dazu am 12. Juni 2017 mit, dass eine entsprechende Regelung wahrscheinlich bereits unter seinem Vorgänger bestanden habe.“ Wahrscheinlich! Könnte möglich sein! Penzer ist ja auch erst seit 23 Jahren als Bürgermeister im Amt, da kann er nicht alles so genau wissen…
Die Rechnungsprüfer kennen allerdings kein Pardon: „Der Bürgermeister war nicht berechtigt, sich die unentgeltliche Privatnutzung seines Dienstwagens selbst zu genehmigen“, schreiben sie. Das ist eine grundsätzliche Sache: Wenn ein Bürgermeister privat mit dem Dienstwagen fahren will, bedarf es dafür einer Dienstwagenvereinbarung. Die kann auch nicht innerhalb der Verwaltungsspitze ausgeklüngelt werden: Darüber kann allein der VG-Rat entscheiden.
Aber selbst wenn eine solche Genehmigung erteilt worden wäre: Privatfahrten müssen immer bezahlt werden! Kommunen dürften nun mal ihren Beamten über die Besoldung und Aufwandsentschädigungen hinausgehende „sonstige Zuwendungen“ nicht zukommen lassen. Für bestimmte Spitzenbeamte des Landes mögen andere Regelungen gelten, diese könnten jedoch auf den „Bürgermeister einer Verbandsgemeinde nicht entsprechend angewendet werden“ – heißt es im Bericht der Kontrollbehörde aus Speyer.
Der Fall ist damit für die Experten des Rechnungshofes eindeutig:
„Dass der Bürgermeister den Dienstwagen unentgeltlich und damit unter Verzicht auf eine Anrechnung auf die Besoldung unbeschränkt privat nutzte, war daher rechtswidrig.“
Diese klare Feststellung sollte für Penzer recht teuer werden: Da er kein Fahrtenbuch führte, sei zunächst der Umfang seiner Privatfahrten „belastbar zu ermitteln“. Sodann seien die Kosten dafür zu errechnen. Die hätten ihm in den letzten Jahren jeden Monat vom Gehalt abgezogen werden müssen. Weil das nicht geschah – „rechtswidrig“ –, seien jetzt „die zu viel gezahlten Bezüge im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten zurückzufordern“, so die Experten aus Speyer.
Inzwischen hat man in der Verbandsgemeindeverwaltung, wie immer das ohne Fahrtenbuch möglich war, Dienst- und Privatfahrten Penzers auseinanderklamüsert – zumindest für die Jahre seit 1. Januar 2014. Dafür seien ihm 6.526 Euro in Rechnung gestellt worden, heißt es im Bericht des Rechnungshofes. Macht rund 1600 Euro pro Jahr, keine 140 Euro im Monat. Der in Besoldungsgruppe B 5 eingestufte Bürgermeister (ca. 9000 Euro/Monat) dürfte das spielend verkraften können.
Aber stimmt die Rechnung überhaupt? Und was ist mit den Jahren zuvor? Sind die verjährt? Oder wird hier noch gerechnet? Die Fragen sind offen.
Der Bericht des Rechnungshofes lässt übrigens vermuten, dass Penzer von Anfang an versucht hat, die ihm drohende Nachzahlung so gering wie eben möglich zu halten. Schon bei der Besprechung am 12. Juni dieses Jahres soll er „zum Umfang der Privatnutzung“ mitgeteilt haben, „dass diese keinen hohen Anteil habe“, schreiben die Rechnungsprüfer in ihrem Bericht. Der vorsorgliche Hinweis Penzers kann natürlich nur den einen Grund gehabt haben: Er wollte darauf hinwirken, möglichst wenig bezahlen zu müssen.
Penzers Einlassung werden die Prüfer des Rechnungshofes ganz bestimmt nicht ohne Hintergedanken in ihren Bericht aufgenommen haben. Sie darf als eindeutiges Indiz dafür gewertet werden, dass die Oppenheimer Dienstwagen-Sünder – Penzer wie auch Marcus Held – spätestens seit Sommer dieses Jahres sehr genau über die rechtswidrige Nutzung ihrer Dienstwagen umfassend informiert waren.
Und das wiederum beweist, wie durchtrieben Marcus Held auch in diesem Fall die Öffentlichkeit versucht hat zu täuschen – erneut unter Einbeziehung der lokalen Presse:
Erst unlängst veröffentlichte die „Allgemeine Zeitung Landskrone“ auf sein Drängen hin den Artikel: „Held: Privatfahrten wurden erstattet“. Oppenheims Stadtbürgermeister, so hieß es, sei „sehr wohl“ seiner damaligen Ausgleichspflicht nachgekommen – er habe den Dienstwagen schließlich nach der 1-Prozent-Regelung versteuert. Der SPD-Politiker wird mit den Worten zitiert: „Der Rechnungshof beanstandet bei mir, wie auch bei VG-Bürgermeister Penzer, dass privat gemachte Fahrten neben dieser 1-Prozent-Regelung nicht nochmals zusätzlich abgegolten worden sind.“ Wenn er jetzt nachträglich für seine Privatfahrten bezahlen müsse, klagte Held bei der Zeitung, komme das einer doppelten Abrechnung gleich, die rechtlich nicht nachvollziehbar sei.
Das war blanker Unsinn: Steuern und Privatfahrten-Bezahlung sind zwei völlig unterschiedliche Dinge: Held wird das sehr genau gewusst haben, Penzer wiederum schwieg einmal mehr und unterließ es, die Wahrheit in der Öffentlichkeit klarzustellen.
Helds Offensive via Lokalzeitung steht mithin als weiteres Beispiel dafür, wie unverfroren die Öffentlichkeit im Oppenheim-Skandal getäuscht wird.