Wie lange will er sich noch unbeteiligt zeigen? Marcus Held gerät immer mehr in Bedrängnis: Gestern berichteten wir exklusiv auf dieser Webseite, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den Oppenheimer Stadtbürgermeister deutlich ausgeweitet hat, erstmals auch unter dem Blickwinkel der Bestechlichkeit. Doch es liegt noch eine weitere Strafanzeige vor: Darin wird erstmals detailliert und mit Unterlagen untermauert angeführt, dass der SPD-Politiker im unmittelbaren Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften Spenden an seine Partei entgegengenommen haben soll.
Es war im Jahr 2015: Marcus Held versuchte, unterstützt von seinem Planer und Makler, dem Uelversheimer SPD-Bürgermeister Rudolf Baumgarten, die städtischen Baugrundstücke in Krämereck-Süd zu verkaufen.
Im dem in der Strafanzeige genannten Fall geht es konkret um das Grundstück Calpe Straße 3 (Grundbuch von Oppenheim, Blatt 5426, Flur 7, Flurstück 306). Marcus Held bezeichnete es später einmal als „Filetgrundstück“:
Als Interessent meldete sich damals ein kleiner Computer-Spezialist aus Oppenheim. Am 5. Mai 2015 bekam der Mann von Rudolf Baumgarten mitgeteilt, dass er unter mehreren Bewerbern von Stadtbürgermeister Held auserwählt worden sei und den Zuschlag erhalten habe.
Am 17. Juli 2015 wurde der Kaufvertrag bei einem Notar in Worms unterzeichnet.
Drei Monate später, am 15. Oktober, ging auf dem Konto der SPD Oppenheim eine Spende von dem IT-Unternehmen eben dieses Grundstückskäufers ein. In der Strafanzeige wird jetzt ganz detailliert beschrieben: „Die Empfängerbankverbindung lautete: IBAN DE 55 5505 0120 0100 0109 74; dabei handelt es sich offenbar um ein Konto des SPD-Ortsvereins Oppenheim“. Hinter Verwendungszweck habe ein Wort „Spende“ gestanden.
In der Strafanzeige heißt es weiter: Schon zwei Tage später, am 17. Oktober 2015, erteilte der SPD-Ortsverein Oppenheim „unter dem Aktenzeichen EB 2013 016273 eine Spendenquittung über EUR 2.000“.
Was sollen wir glauben: Handelte der kleine IT-Spezialist als großzügiger Förderer, der selbstlos der Partei seines Herzens etwas Gutes antun wollte? Oder lässt die zeitliche Nähe einen Zusammenhang zwischen Parteispende und Grundstücksdeal vermuten?
Der Unternehmer kann diese Frage nicht mehr beantworten: Er verstarb ein Jahr später. Über sein kleines IT-Unternehmen musste am 21. Dezember 2016 das Insolvenzverfahren eröffnet werden (AG Mainz, 280 IN 198/16).
Jetzt muss die Staatsanwaltschaft in Mainz herausfinden, wie eine solche Spende kurz nach einem Grundstückskauf zu bewerten ist. Es wird wohl zu einer gründlichen Überprüfung des SPD-Finanzgebarens kommen müssen. Das scheint unumgänglich, zumal der Verdacht der illegalen Spendenwirtschaft seit Monaten über dem Oppenheim-Skandal liegt:
Erstmals hatten die bis heute unbekannten Autoren des „Dossier“ davon geschrieben: Sie hatten zahlreiche (vom Rechnungshof zwischenzeitlich bestätigte) Verfehlungen des Stadtbürgermeisters aufgedeckt und geschlussfolgert, dass die dubiosen Geschäfte zum Nachteil der Stadt (und zum Vorteil von Genossen und befreundeten Unternehmern) aus Sicht dessen, der sie verantwortet (also aus Sicht Helds), eigentlich nur dann Sinn machen, wenn dadurch noch andere wirtschaftliche Absichten verfolgt würden: „Aus den nicht gerechtfertigten Provisionszahlungen könnten Rückflüsse (sog. Kick-backs) in Richtung der SPD Oppenheim gespeist worden sein“, heißt es exemplarisch in dem Dossier.
Marcus Held hat diesen Verdacht stets vehement zurückgewiesen. Parteispenden, so wiederholte er bislang gebetsmühlenartig, seien schließlich nicht verboten.
Die Bundes-SPD hat angeblich alle Konten kontrolliert: ImNovember letzten Jahres wurde nach monatelanger Prüfung mitgeteilt, man habe „keine Belege für strafbares Handeln im SPD-Ortsverein Oppenheim gefunden“. Die Kassenunterlagen seien „insgesamt ordnungsgemäß geführt und aufbewahrt“ worden, hieß es. Das klang, als sei nur das ordentliche Abheften der Unterlagen gecheckt worden. Ob Spenden im zeitlichen Zusammenhang mit städtischen Grundstücksgeschäften oder Auftragsvergaben eingegangen waren, wurde offenbar nicht geprüft. Jedenfalls wollte sich die SPD zu solchen Fragen bisher nicht äußern.