Und wieder schlägt die Staatsanwaltschaft gegen den früheren Stadtbürgermeister von Oppenheim zu: Das Ermittlungsverfahren gegen Marcus Held wurde erneut deutlich ausgeweitet – in einer Pressemitteilung, die heute herausgegeben wurde, heißt es: Es bestehe nun auch ein Anfangsverdachts wegen Vergehen gegen das Parteiengesetz (§ 31d Absatz 1 Parteiengesetz), wegen Vorteilsannahme (§ 331 Strafgesetzbuch) sowie wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen (§ 332 Strafgesetzbuch)
Die Staatsanwaltschaft listet in ihrer aktuellen Pressemitteilung detailliert auf: Held soll als Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Oppenheim vier Rechenschaftsberichte für die Jahre 2013 bis 2016 unterzeichnet haben, obwohl er in diesen Jahren unzulässige Spenden angenommen hatte, was wiederum die Rechenschaftsberichte unrichtig macht.
Fall 1: Held kaufte für die Stadt in Krämereck-Süd Grundstücke an und zahlte dafür einem Makler ohne Grund mehr als 205.000 Euro. Von den Verantwortlichen des Maklerunternehmens kassierte er dann in den Jahren 2013 bis 2015 sechs Spenden in Höhe von insgesamt 24.600 Euro. Hier spricht die Staatsanwaltschaft von Verstoß gegen das Parteiengesetz in drei Fällen und Bestechlichkeit.
Fall 2: Held vergab im Jahr 2015 als Stadtbürgermeister ein Grundstück, für das es mehrere Interessenten gegeben haben soll, an einen inzwischen verstorbenen Kleinunternehmer aus Oppenheim. Der soll im Gegenzug eine Spende von 2.000 Euro an den SPD-Ortsverein überwiesen haben. Wir haben den Fall ausführlich vorgestellt; die Staatsanwaltschaft spricht von einem Verstoß gegen das Parteiengesetz und Vorteilsannahme.
Fall 3: Vor dem Abbruch des alten Gradinger-Möbelhauses durch die Stadt – es handelte sich um einen Auftrag im Wert von rund 500.000 Euro – hatte Held den Bieterkreis stark eingeschränkt. Das Unternehmen, das den Zuschlag bekam, überwies danach eine Spende in Höhe von 7.500 Euro an den SPD-Ortsverein. Die Staatsanwaltschaft: Verstoß gegen das Parteiengesetz und Bestechlichkeit.
Ihren Anfangsverdacht stützt die Staatsanwaltschaft auf drei Sachverhalte: Am 26. Januar 2018 ging eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Vorteilsannahme im Zusammenhang mit dem Verkauf des Grundstücks im Jahr 2015 ein. Ende Januar traf dann der interne Prüfbericht der SPD-Bundesschatzmeisterin ein, in dem die Spenden des SPD-Ortsvereins Oppenheim untersucht worden waren. Schließlich waren bei einer Razzia im Oppenheimer Rathaus entsprechende Mails auf dem Account des ehemaligen Bürgermeisters sichergestellt worden.
Gegen Held laufen bereits 15 Ermittlungsverfahren – 14 wegen des Verdachts der Untreue, in einem Fall geht es um den Verdacht der Bestechlichkeit (privater Mercedes-Kauf nach Billig-Abgabe eines städtischen Grundstücks).
Mit der aktuellen Mitteilung der Mainzer Staatsanwaltschaft dürften die Autoren des Dossiers späte Genugtuung erfahren: Sie hatten im März letzten Jahres mit Unterlagen, die sie aus der Behörde der Verbandsgemeinde geschmuggelt hatten, den Oppenheim-Skandal aufgedeckt. In ihrem Dossier hatten sie auch wiederholt den Verdacht geäußert, dass „die systemische Übernahme der Provisionsverpflichtungen zur Verdeckung anderer wirtschaftlicher Absichten erfolgte. Im Raum stehen (wenngleich bislang nicht belegt und daher noch aufzuklären): Aus den nicht gerechtfertigten Provisionszahlungen könnten Rückflüsse (sog. Kick-backs) in Richtung der SPD Oppenheim und/oder sogar der Person Held gespeist worden sein“.
Illegale Parteispenden in Oppenheim? Das wurde monatelang bestritten. Die Landes-SPD unter Vorsitz von Innenminister Roger Lewentz gab lediglich an, die Kasse prüfen lassen zu wollen, ging dann aber monatelang auf Tauchstation.
Erst im November letzten Jahres teilte sie mit, dass alles geklärt sei: „SPD: Parteikasse in Oppenheim ist sauber“ titelte die „Allgemeine Zeitung Mainz“ auf ihrer Rheinland-Pfalz-Seite. SPD-Generalsekretär Daniel Stich griff sogar die rheinland-pfälzische CDU an, die auf eine Prüfung der Spendenflüsse aus Oppenheim gedrängt hatte, und behauptete öffentlich: „Die Prüfer haben mit den ihnen zur Verfügung stehenden Erkenntnisinstrumenten keine Belege für strafbares Handeln im SPD-Ortsverein Oppenheim gefunden.“ Die Kassenunterlagen seien laut Revision „insgesamt ordnungsgemäß geführt und aufbewahrt“ worden.
Heute wissen wir: Entweder hatten die Partei-Prüfer nicht richtig hingeschaut. Oder die SPD hatte wirklich nur gecheckt, ob die Kassenunterlagen ordnungsgemäß aufbewahrt worden waren, und der Generalsekretär verteilte über die Zeitung Beruhigungspillen ans gemeine Volk.
Die Staatsanwaltschaft teilt abschließend mit, sie habe den Präsidenten des Deutschen Bundestages – Wolfgang Schäuble (CDU) – mit Schreiben vom 5. März 2018 darüber unterrichtet, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Bundestagsabgeordneten Marcus Held erweitert werden solle. Der habe am 13. März 2018 den Eingang des Schreibens bestätigtNach Ablauf einer vorgeschriebenen 48-Stunden-Frist wurden die neuen Ermittlungen gegen Held aufgenommen.