Kommt jetzt Bewegung in die Oppenheimer Lokalpolitik? Ein selbständiger Therapeut und Coach will nicht länger untätig der verfilzten und verfahrenen Rathausführung zuschauen. Er greift an: Der 43-jährige Sven Frank teilte gestern mit, dass er im nächsten Jahr bei der Wahl für das Amt des Stadtbürgermeisters kandidieren wolle. Der Hypnoanalytiker mit eigener Praxis hat ganz klare Vorstellungen von der Zukunft des rheinhessischen Städtchens. Allerdings muss er noch ein Problem lösen.
Es war an diesem Donnerstag, im Rathaus war wieder Bürgersprechstunde. Diesmal saßen da, in Vertretung des erkrankten Stadtbürgermeisters, der Zweite Beigeordnete Helmut Krethe und der Bürgerbeauftragte Bernd Weiß. Als Sven Frank zu ihnen vorgelassen wurde und ihnen seine Pläne offenbarte, sollen die Herren sichtlich überrascht reagiert haben. Und sehr reserviert.
„Ich will Stadtbürgermeister von Oppenheim werden“, teilte Sven Frank ihnen mit. Und fragte: „Was muss ich dafür tun?“
„Sie guckten schon etwas komisch“, erzählte er später. „Vor allem Krethe fand das gar nicht gut. Er sagte, das Amt bedeute ganz viel Arbeit, und es gebe auch nur eine sehr kleine Aufwandsentschädigung…“
Das konnte Sven Frank nicht wirklich überraschen, er meint es ernst. Er hatte sich bereits bei der Verwaltung der Verbandsgemeinde erkundigt: 60 Unterschriften müsse er einsammeln, sagt er. „In der VG-Verwaltung gab man mir auch den Rat, die Unterschriftenliste nicht im Rathaus abzugeben, sondern direkt im Rondo – wegen der Vertraulichkeit.“ Ein guter Tipp – der VG-Mitarbeiter scheint die Verhältnisse in der Oppenheimer Stadtführung zu kennen.
Wer ist dieser Sven Frank, der die festgefahrenen politischen Kreise in der skandalumtosten Krötenbrunnenstadt aufmischen will? Der schon mit der Ankündigung seiner Kandidatur hektische Telefonate in SPD-Kreisen der ganzen Region auslöste und auch lokale Oppositionspolitiker aufschreckte: Kann dieser Mann wirklich ein ernst zu nehmender Kandidat werden?
Frank ist verheiratet, seine Ehefrau ist Logopädin, beide haben einen einjährigen Sohn. In Oppenheim betreibt er in der Krämerstraße 30 eine Hypnosepraxis. Sein Schwerpunkt liege auf Business-Coaching und Fremdsprachen-Erlernen, sagt er, natürlich durch „künstlich erzeugten partiellen Schlaf in Verbindung mit einem veränderten Bewusstseinszustand“, wie eine Definition von Hypnose lautet.

Mit ihm zusammen arbeitet Sonia Oliveira, er sagt: „Sie hat sich auf Hypnose für Frauen spezialisiert – unter anderem Raucherentwöhnung, Abnehmen, Geburtsvorbereitung. Außerdem bietet sie Kinderhypnose zur Lern- und Leistungssteigerung.“
Der gebürtige Hannoveraner sagt, er habe in Irland eine dreijährige Ausbildung in medizinischer und analytischer Hypnose absolviert; sein Berufsbezeichnung laute Hypnoanalytiker. Außerdem sei er als Heilpraktiker für Psychotherapie zugelassen Auf seiner Webseite verkündet er selbstbewusst: „Ich hypnotisiere seit dem Jahr 2000 jährlich im Durchschnitt 1.000 Menschen. Ich habe mich in meiner Praxis in Oppenheim auf die Arbeit mit Hypnose spezialisiert, und es gibt im deutschsprachigen Raum niemanden, der in analytischer Hypnose besser ausgebildet ist als ich.“
Soweit der Job. Und warum künftig auch noch Stadtbürgermeister?
Frank: „Ich wollte schon immer am Stadtleben teilnehmen, will mich einbringen.“ Als er erstmals nach Oppenheim kam, habe man ihm gesagt, man müsse, wenn man als Selbständiger in der Stadt klarkommen wolle, dem Gewerbeverein beitreten, dem Gesangsverein, dem Fußballverein oder aber der SPD. Singen und Fußballspielen wollte er nicht, sich parteipolitisch binden auch nicht – also sei er dem Gewerbeverein beigetreten. „Doch ich musste feststellen, dass da nicht viel läuft.“ Weshalb er wieder ausgetreten sei.
Dann platzte der Oppenheim-Skandal auf wie ein Eitergeschwür, da habe er gedacht: „Entweder ducke ich mich weiterhin weg – oder unternehme jetzt etwas.“ Er liebe die Stadt und die Region, er habe viele Gedanken zur Belebung der Altstadt, Pläne zur besseren Integration von Flüchtlingen…
Frank, einmal angefangen, sprudelt vor Ideen. „Die Oppenheimer müssen wieder stolz auf ihre Stadt werden“, sagt er auch, „und die Touristen müssen sich hier wohl fühlen“. Viele seiner Klienten, die meist von auswärts kämen, genössen es, ein paar Tage in Oppenheim zu sein. „Aber die Altstadt, sagen sie immer wieder, die sei ja tot wie eine Geisterstadt.“
In einem Jahr ist Bürgermeisterwahl, bis dahin hat er nun Zeit: Konzepte müssen her. Pläne. Vorschläge. Er braucht viele Unterstützer. Und vor allem muss er ein Problem lösen: Er arbeitet zwar in Oppenheim, doch er wohnt in Selzen. Für ehrenamtliche Ortsbürgermeister aber gilt die Residenzpflicht. Frank muss also, wenn er als Kandidat überhaupt zugelassen werden will, in Oppenheim seinen ersten Wohnsitz haben.
Der Mann lacht: „Ich habe noch gut ein Jahr Zeit, das kriegen wir hin, da habe ich keine Bedenken.“ Jetzt erst einmal anfangen, durchstarten: Eine Facebookseite hat er schon, der Seitenname ist Programm: „Oppenheim braucht einen neuen Bürgermeister“.
Auf dieser Facebook-Seite könne man ihn demnächst kennenlernen und seinen Gedanken und Plänen für Oppenheim folgen, sagt er. Wer den Mann direkt erleben möchte: Er werde seine Praxis in der Krämerstraße ab März regelmäßig für Bürgersprechstunden öffnen, sagt Frank. „Ich will wissen, was die Menschen bewegt. Politik muss für die Bürger da sein – nicht umgekehrt. Auch in Oppenheim.“