Tourismus GmbH: Das sagt der Experte

Wir haben ausführlich darüber berichtet: Stadtbürgermeister Marcus Held hat im Jahr 2012 eine Oppenheim Tourismus GmbH gegründet: 49 Prozent der Anteile gehören der Stadt, 51 Prozent liegen bei Privatgesellschaftern (Die vollständige Liste der Anteilseigner finden Sie hier). Die GmbH behält seit nunmehr fünf Jahren die Einnahmen aus den Eintrittsgeldern zum Keller-Labyrinth ein; es handelt sich um jährlich über 200.000 Euro, die eigentlich der Stadt zustehen. Das wurde wohl irgendwie „unter der Hand“ vereinbart: Verträge dazu gibt es jedenfalls nicht, und auch der Stadtrat wurde nie gefragt.

Inzwischen liegen nach Darstellung der Verbandsgemeinde Rhein-Selz die Unterlagen zur Prüfung beim Landesrechnungshof in Speyer. Ob die Tourismus GmbH auch noch ein Fall für die Staatsanwaltschaft Mainz wird, die bereits wegen des Verdachts der Untreue in neun Fällen gegen Marcus Held ermittelt, bleibt abzuwarten.

Wir haben einem Experten, der kommunal- und wirtschaftsrechtlich versiert ist, alle bekannten Papiere zur Oppenheim Tourismus GmbH vorgelegt: Handelsregister-Unterlagen, Bilanzen, Protokolle von Stadtratssitzungen und schließlich diverse Emails, die in letzter Zeit zu diesem Thema geschrieben wurden. Wir haben ihn gebeten, die Gründung und das Geschäftsmodell dieses Unternehmens jenseits aller Parteipolitik zu bewerten. Das Urteil des Fachmanns fällt vernichtend aus. Im Folgenden dokumentieren wir seine Darstellung:

1. Zweck der Gesellschaftsgründung nicht nachvollziehbar

Zunächst: Eine Kommune kann sich mit privaten Dritten in einer Gesellschaft zusammenschließen. Das macht häufig Sinn, wenn Finanzierungsbeiträge Dritter generiert werden sollen. Beispiel: Eine Kommune plant ein größeres Investitionsvorhaben, ist zur alleinigen Finanzierung aber nicht in der Lage. Hier werden über das Vehikel einer gemeinsamen Gesellschaft private finanzielle Ressourcen angezapft. Die Verbindung privater und öffentlicher Ressourcen findet sich typischerweise in sogenannten Private Public Partnerships (PPP).

Zur Oppenheim Tourismus GmbH: Hier fehlen die Charakteristika einer Private Public Partnership vollständig. Ein Zusammenwirken der Stadt und der stadtfremden Privatgesellschafter zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks ist nicht zu greifen. Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass die Oppenheim Tourismus GmbH irgendwelche Investitionen getätigt oder auch nur geplant hätte. Und dazu passt, dass die stadtfremden Gesellschafter keinerlei Gesellschafterbeiträge außerhalb ihrer jeweiligen Bareinlagen (einmalig kumuliert: 51.000 Euro) geleistet haben. Bei der Eingehung einer gesellschaftsrechtlichen Verbindung zwischen Stadt und privaten Dritten hätte man demgegenüber erwarten müssen, dass die stadtfremden Gesellschafter besondere Gesellschafterbeiträge leisten – etwa Finanzierungsbeiträge in Form von Aufgeldern (Agios) oder Gesellschafterdarlehen. Davon kann ausweislich der Gründungsunterlagen und des Bilanzbildes der Oppenheim Tourismus GmbH keine Rede sein.

Im Gegenteil: Die Gründung der Gesellschaft zeigt disparitätische Gesellschafterbeiträge dergestalt, dass die Stadt Oppenheim als einzige Gesellschafterin zusätzlich zu ihrer Einlageverpflichtung von 49.000 Euro noch ein Gesellschafterdarlehen von 31.000 Euro ausgereicht hat.

Bei dieser Struktur bleibt völlig im Dunkeln, was mit der Hereinnahme stadtfremder Gesellschafter überhaupt bezweckt worden ist. Die bloße einmalige Liquiditätszufuhr von 51.000 Euro im Zeitpunkt der Gründung kann es nicht sein. Sie dürfte kaum ausgereicht haben, auch nur ein einziges Jahressalär des Geschäftsführers zu finanzieren – geschweige denn in die Tourismus-Infrastruktur zu investieren. Das Konstrukt als solches ist nicht nachvollziehbar.

2. Vertrags- und entschädigungslose Verwertung städtischen Eigentums

 Was ist das Geschäft der Oppenheim Tourismus GmbH? Sie vermarktet die eigentliche touristische Attraktion Oppenheims – das unterirdische Keller-Labyrinth.

(a) Das unterirdische Keller-Labyrinth steht im Eigentum der Stadt Oppenheim. Die Stadt hat damit die eigentumsrechtliche Verwertungsbefugnis.

(b) Tatsächlich nutzt die Oppenheim Tourismus GmbH das unterirdische Keller-Labyrinth als ihr wesentliches (im Grunde einziges) Betriebsmittel. Mit anderen Worten: Ohne Keller als Einnahmequelle gäbe es überhaupt kein operatives GmbH-Geschäft. Die GmbH disponiert dabei über das Keller-Labyrinth, als wäre sie dessen Eigentümer. Sie verlangt für den Besuch des Labyrinths Eintrittsgelder und spricht sogar – wie ein Hausrechtsinhaber – gemäß Ziffer 8 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Verbot von Video- und Fotoaufnahmen aus.

Soweit rechtliche Ausgangslage (a) und tatsächliche Verhältnisse (b).

Klar ist: Die eigentumsrechtliche Verwertung des Keller-Labyrinths und die Erträgnisse aus der Verwertung gebühren der Stadt Oppenheim. Etwas anderes würde nur gelten, wenn zwischen der Stadt Oppenheim und der Oppenheim Tourismus GmbH eine Nutzungsüberlassung vereinbart wäre, also ein Nutzungsüberlassungsvertrag existierte, demzufolge die Oppenheim Tourismus GmbH Nutznießerin würde. Eine solche Nutzungsüberlassung würde – um einem Drittvergleich standzuhalten – niemals entschädigungslos erfolgen können. Dies gilt insbesondere wegen der überwiegenden Einbeziehung stadtfremder Gesellschafter in den Gesellschafterkreis der Oppenheim Tourismus GmbH. Der Abschluss einer entsprechenden Nutzungsüberlassungsvereinbarung stünde zudem unter Gremienvorbehalt, bedürfte also eines Zustimmungsbeschlusses des Stadtrats.

Wenn nun – wie die Recherche zeigt – in einem vertrags- und zustimmungslosen Zustand Einnahmen aus der Vermarktung des städtischen Keller-Labyrinths in die GmbH fließen, liegt darin eine Beschädigung städtischen Vermögens. Die Einnahmen, die eigentlich der Stadt gebühren, werden verwendet, um GmbH-Verpflichtungen zu bedienen (etwa das Geschäftsführer-Salär), die auf Ebene der Stadt so sicher nicht entstanden wären. Verbleibende Gewinne kommen – durchgerechnet – überwiegend (51%) den stadtfremden Gesellschaftern zugute.

Verantwortlich für die aufgezeigte Beschädigung städtischen Vermögens ist derjenige, der die entschädigungslose Dritt-Verwertung städtischen Vermögens zulässt. Das ist der Stadtbürgermeister. Ihn trifft gegenüber der Stadt eine Vermögensbetreuungspflicht. Die vorsätzliche Verletzung einer bestehenden Vermögensbetreuungspflicht zum Nachteil der Stadt ist strafbar als Untreue im Sinne von Paragraf 266 Strafgesetzbuch.

5 Kommentare zu „Tourismus GmbH: Das sagt der Experte“

  1. Das verstehe ich jetzt nicht. Die GmbH existiert seit 5 Jahren. Ist also in der Zeit sicherlich von Finanzamt und anderen Stellen, wie z. B. Kommunalaufsicht etc., geprüft worden. Wenn ich Herrn Darmstadt in vorangegangenen Texten richtig verstanden habe war sogar bei der Gründung eine Rechtsanwaltskanzlei involviert. Die haben das alles nicht gemerkt? Wer ist den Ihr Experte Herr Ruhmöller? Oder gibt es einen Grund diesen zu verheimlichen? Braucht er Anonymität? Gar Schutz? Wie berechnen Sie das Gehalt des Geschäftsführers? In den bisherigen Ausführungen könnte ich darauf keinen Hinweis finden. Habe ich etwas überlesen? Können Sie da bitte noch etwas Faktenwissen nachliefern?

  2. Habe ich das richtig verstanden? Es wurde eine GmbH gegründet, die den Zweck verfolgt, den Gesellschafter ohne großen Aufwand möglichst viel Ertrag, sprich Gewinn, zu bringen. Die GmbH zahlt weder Strom, Reinigung noch Unterhaltungskosten bzw. Renovierungs- und Reparaturkosten. Die Stadt stellt den Untergrund zur Verfügung, trägt sämtliche Kosten und die Gesellschafter, die eigentlich mit der Sache nichts zu tun haben, erhalten von den Einkünften 51 %! Wofür??? Und, die Stadt bringt in die Gesellschaft nicht nur den Geschäftsgegenstand, also den Untergrund, sondern auch noch ein Gebäude ein, welches, bei genauer Begutachtung sicherlich deutlich mehr Wert sein wird, als die ausgewiesenen 80.000 €! Die Gesellschafter sind ausgesuchte Freunde und Geschäftspartner von Herrn Held, und spenden ihm für seinen Wahlkampf ordentlich Kohle! Besieht man dies richtig, geht der Stadt eine Menge Geld verloren (Eintrittsgelder, Kosten der Unterhalten usw.) verloren und die Freunde Helds machen sich die Taschen voll! Gibt es denn einen jährlichen Geschäftsbericht, und/oder eine GuV bzw. Einnahme- Überschussrechnung der GmbH? Und wem wird dieser Bericht vorgelegt? Versteuern die Gesellschafter ihren Gewinn ordentlich und geben sie diesen in der Ek-Steuererklärung korrekt an? Ich bin geplättet über die einfallsreichen Methoden, für einige wenige Freunde von Herrn Held, ohne dass sie dafür etwas tun müssen, Geld zu generieren! Es is schon wirr, wenn der, der den Einnahmegegenstand, also das Gewölbe zur Verfügung stellt, kostenneutral, nur 49 % der GmbH-Anteile hält! MACHT DAS SONST EIN UNTERNEHMER, die Gewalt der Stimmen völlig unsinnig aus der Hand zu geben! Wahrlich, eine geile Sache! Zitat: Es hängt nur davon ab, ob es mehr Anteile gibt als Idioten oder mehr Idioten als Anteile!! Und, wer ist immer dabei? Planungsrudi und Erdogan von Oppenheim! Peinlich, peinlich! Wie sagt der Lateiner: Quidquid agis, prudenter agas et respice finem! Herr Held, wie wäre es, so zu handeln?

  3. Lieber Herr Ruhmöller,

    mit großem Interesse verfolge ich seit einiger Zeit Ihre Recherchen und die daraus resultierenden Berichte. Eine Bewertung der Angelegenheit werde ich aufgrund des „schwebenden Verfahrens“ natürlich nicht abgeben. Allerdings würde mich doch sehr interessieren, warum lediglich auf Ihrer Website entsprechende Berichte zu lesen sind und nicht in der Lokalpresse, d. h. in der AZ bzw. der AZ Landskrone …

    Sie verstehen, wie ich das meine und freue mich schon jetzt auf einen entsprechenden Artikel auf Ihrer Website.

    Herzliche Grüße
    Andreas Schauer

  4. Hallo Herr Einer,

    Sie sprechen eine ganze Reihe von Punkten an, ich versuche, sie Step by Step zu beantworten:

    Es ist richtig, dass eine Anwaltskanzlei bei der Gründung eingeschaltet war. Da ging’s aber nur um Formalitäten bei der GmbH-Gründung. Aus welchen Quellen eine GmbH ihre Einnahmen generiert, interessiert keinen Anwalt – er setzt einfach voraus, dass ein vernünftiges Geschäftsmodell hinter einer GmbH-Gründung steht.

    Früher hat die Verwaltung den Tourismus „nebenbei“ mitbetreut; jetzt macht das die GmbH, und die hat einen Geschäftsführer, der – so sagen Ratsmitglieder – „opulent” bezahlt werde. Wie man ein Geschäftsführergehalt berechnet, fragen Sie? Nun, das legen natürlich die Gesellschafter fest, also die Firmenbesitzer, da hat in der Regel kein anderer mitzureden. In diesem Fall aber sollte man schon etwas genauer hinschauen dürfen, weil auch städtische Gelder (=Steuergelder) ausgegeben werden. Es handelt sich um eine sehr kleine GmbH, wo recht wenig Arbeit anfällt (die früher, wie gesagt, „nebenbei“ bewältigt wurde). In einer solch kleinen GmbH dürfte das Geschäftsführergehalt eigentlich auch nur sehr klein sein…

    „Mein“ Experte ist nicht geheim, ich kenne ihn selbstverständlich, und dass er sich mit der Materie sehr gut auskennt, zeigt ja wohl sein Text – und allein darum geht’s. Warum sein Name nicht erscheint? Der Mann hatte nicht nur meine Artikel gelesen, sondern auch Einblick in etliche Mails und die öffentliche Darstellung bekommen. So hat er gesehen, dass einige Leute in Oppenheim sehr schnell persönlich angreifend werden und dabei auch vor Denunziation und Verunglimpfung nicht zurückschrecken. Darauf hat er keine Lust, und das kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich selbst erlebe es, wie es ist, in eine Oppenheimer Schmutzschlacht hineingezogen zu werden (vielleicht berichte ich eines Tages noch darüber). Ich kann das verkraften; der Mann aber braucht das nicht, deshalb gab er mir die Analyse nur unter der Zusage, dass sein Name nicht auftaucht. Ich versprach es – und halte mich daran.

    Was Püfungen durch übergeordnete Stellen angeht, die – wie Sie meinen – hätten stattfinden müssen: Da wäre zunächst die Verbandsgemeinde zu fragen – die sagt nichts (vielleicht, weil sie selbst mit drinhängt?). Danach kommt die Kommunalaufsicht beim Kreis – die sagt, die VG sei zuständig, deshalb würde man nichts sagen. Danach kommt die ADD in Trier – dort heißt es, man werde beim Kreis nachfragen, der aber sicher erst die VG fragen würde…

    Ich bin den ganzen Weg gegangen, von einer Behörde zur anderen: Auskünfte gab es keine. Es gibt Leute, die sagen, das sei eben so, wenn die gesamte Behörden-Hierachie eines Landes nur von einer Partei gesteuert werde.

    Jetzt ist der Rechnungshof dran. Und die Staatsanwaltschaft. Schaun mer mal…

    Reicht Ihnen das als Antworten, Herr Einer? Sonst melden Sie sich wieder – ich will gerne versuchen, Fragen zu beantworten.

    Beste Grüße,
    Thomas Ruhmöller

  5. Zu Marcus Held.

    Thomas Ruhmöller benennt die Zusammenhänge und Verflechtungen zwischen der „Oppenheimer Tourismus GmbH“ und der Rot-Grünen Parteipolitik in Rheinland-Pfalz. Diese Verflechtungen zwischen Politik, Wirtschaft und privat Personen gibt es zig-fach im Lande. Die Masche mit den „gemischten Gesellschaften“, mit Beteiligungen von Kommunen und Privatwirtschaft hat System.
    So zum Beispiel mit Beteiligungen von Kommunen, Industrie, Bildungsstätten (FH Worms) und Bürgern in Genossenschaften der Erneuerbaren Energienbranche am Beispiel der VG Eich mit ihrer Beteiligung an der „Energiegenossenschaft Alzey-Worms“ oder des Donnersbergkreis mit seiner Beteiligung an „Neue Energie Oberndorf GmbH Co. KG“. Beide, VG und die privaten Genossen verlieren ihr Geld. Verdiener dabei sind die Banken, die mit den Einsatzgeldern der Genossen wirtschaften, die Windradprojektierer und die privaten Landbesitze, i. d. R. Landwirte und Winzer, mit den horrenden jährlichen Pachteinnahmen ( zwischen 30.000 € und 50.000 € pro Jahr). Die Politik gibt den Zweck der Erneuerbaren Energien als alternativlos vor und wirbt anschließend für diese Genossenschaft- oder Bürgerbeteiligungsgesellschaften nebenbei mit dem Weltrettungs- und Klimawandeltrip.
    Die Aussagen eines Gutachtens hinsichtlich des Bargewinns für die VG Eich am Windpark ging voll daneben. Daher zog die VG Anfang des Jahres die Reißleine und verkaufte 50% ihrer Anteile an das EWR Worms und lagerte den Rest in eine neugegründete GmbH um damit die Verluste beziehungsweise der Verlustausgleich mit Steuergeldern nicht mehr im öffentlichen Haushalt aufgeführt werden muss.
    Das ganze Politiksystem wurde innerhalb der letzten 50 Jahre immer mehr korrumpiert.

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