Gradinger: AL verlangt Einsicht in alle Unterlagen

Jetzt herrscht Verwirrung total in Oppenheim: Ein Bericht auf dieser Webseite über zumindest verwirrende, vielleicht sogar vorsätzliche Falschangaben bei der Finanzierung des Gradinger-Abbruchs hat einige Politiker aufgeschreckt: Was rollt da auf die Stadt an Kosten zu? Der Vorsitzende der oppositionellen Alternativen Liste (AL), Raimund Darmstadt, hat umgehend zwei Mails verschickt: Er verlangt Klarheit – und spricht auch von Verstößen gegen die Gemeindeordnung.

Auslöser der allgemeinen Verunsicherung ist einmal mehr der SPD-Bundestagsabgeordnete und SPD-Stadtbürgermeister Marcus Held: Der hatte unterschiedlichen Angaben zu vom Land angeblich versprochenen Fördergeldern gemacht. Wiederholt hat er gesagt, das Land übernehme 50 Prozent der ursprünglich veranschlagten Abbruchkosten.

Ein Sprecher des Innenministeriums aber hatte jetzt gegenüber dem Autor dieser Webseite klargestellt: 750.000 (brutto) waren als Gesamtkosten angegeben, förderfähig davon seien 375.000 Euro, und von dieser Summe gebe es 80 Prozent vom Land. Macht maximal 300.000 Euro. Von einem 50-Prozent-Zuschuß war demnach nie die Rede.

Was treibt Marcus Held nur an? Warum gibt er wiederholt falsche Zahlen an? Warum legt er nicht die Karten auf den Tisch, warum macht er nicht einfach korrekte Angaben?

Wir hatten die Historie der etwas konfusen Zuschuss-Darstellungen schon einmal in dem Bericht „Held & Gradinger: Keine Wahrheit vor der Wahl“ aufgedröselt. Darin erinnerten wir an zwei AZ-Artikel; der erste stammt aus Mai 2015, darin hieß es wörtlich:

Den Abriss (Kostenpunkt: rund 700.000 Euro) würde das Land Rheinland-Pfalz mit 80 Prozent bezuschussen, 14.000 Euro blieben dann an der GWG hängen. (Die Zeitung schreibt hier und auch später von 14.000 Euro, das ist falsch, es musste natürlich 140.000 Euro heißen).

Es folgte der 15. September 2015, als laut Angaben des Innenministeriums der Bewilligungsbescheid unterzeichnet wurde.

Exakt einen Monat später, am 16. Oktober 2015, schrieb die AZ unter Berufung auf Held, dass das Land seine Verwaltungsvorschriften zur Städtebauförderung geändert habe, was unmittelbare Auswirkungen auf das Gradinger-Projekt habe:

Vom Land fließen statt der erhofften 80 Prozent für den Abriss nur noch 50 Prozent.

Soweit die Berichterstattung im Jahr 2015.

Später – und bis zuletzt – hieß es in der „Allgemeinen Zeitung Landskrone“ immer wieder, dass das Land 50 Prozent der Abbruchkosten übernehme. Die Zeitung machte ihre Angaben stets im Zusammenhang mit Marcus Held, der die 50-Prozent-Prozentangabe auch nie korrigierte. Im Gegenteil – zuletzt berichtete die AZ am 24. September dieses Jahres:

Zwar betont Stadtbürgermeister Marcus Held (SPD) unermüdlich, dass der Stadt kein wirtschaftlicher Schaden entsteht: „Wir werden auf jeden Fall null auf null rauskommen.“ Denn die Abrisskosten teilt sie sich fifty-fifty mit der Haus- und Grundstücksgesellschaft HGO GmbH – und den kommunalen Anteil bezahlt das Land über Zuschusszusagen.

Was will der SPD-Politiker mit diesem Zahlen-Wirrwarr nur bezwecken? Einerseits seine 50-Prozent-Angabe, der die Darstellung des Innenministeriums eindeutig widerspricht. Dazu jongliert Held auch mit immer neuen Zahlen, was die eigentlichen Abbruchkosten angeht: Erst sind’s 700.000 Euro (gegenüber dem Land war offenbar sogar von 750.000 Euro Gesamtkosten die Rede), später will er die Kosten auch schon mal gedrückt haben und nennt 300.000 Euro. Vor genau einem Jahr, im September 2016, schrieb er dann in seinem SPD-Stadtblättchen:

Insgesamt wird der Abriss knapp 500.000 Euro kosten, bis Weihnachten soll das Areal möglichst komplett abgerissen sein.

Ungefähr zur gleichen Zeit vergab er den Auftrag an die Firma Witera: Die hatte die Abbruchkosten mit 590.000 Euro beziffert.

Inzwischen liegen, wie berichtet, die echten Kosten bei fast einer Million.

Jetzt, nachdem auf dieser Webseite die offensichtlichen Falschangaben aufgedeckt worden waren, setzte sich Raimund Darmstadt, der streitbare AL-Chef, an seinen Computer. Er schrieb zuerst eine Mail an den Bürgermeister der Verbandsgemeinde, Klaus Penzer: Er erbitte Einsicht in alle relevanten Unterlagen; in unmissverständlichen Worten kritisiert Darmstadt auch, dass der Stadtbürgermeister wiederholt seinen Amtspflichten nicht nachgekommen sei, weil er die Ratsmitglieder nicht ordnungsgemäß informiere, laut Darmstadt ein wiederholt vorgekommener Verstoß gegen die Gemeindeordnung (GemO). Auszug aus der Mail:

Angesichts der beim Gradinger-Debakel zu erwartenden Kollateralschäden für den städtischen Haushalt und möglicherweise auch für die Unternehmen der GWG/HGO-Gruppe bitte ich Sie um die Übersendung einer Kopie der kompletten Korrespondenz der Stadt Oppenheim mit dem rheinland-pfälzischen Innenministerium / ADD zum Themenkomplex Gradinger-Grundstück (Förderung, Ankauf, Abriss, Weiterverkauf).

Hier sind insbesondere der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 15. September 2015, die danach erfolgten Änderungen bei den Förderungszusagen und der aktuelle Bescheid vom 18. August 2017 von besonderem Interesse. Eine diesbezügliche Anforderung geht mit gleicher Post auch an Stadtbürgermeister Marcus Held, der nach § 33 GemO zweifelsfrei verpflichtet wäre, die Stadträte unaufgefordert zu informieren und zu unterrichten, dies aber immer wieder unterlässt. Angesichts dieser notorischen Dysfunktion der Oppenheimer Verwaltung bei der Beachtung der Gemeindeordnung haben wir Zweifel, ob der Bürgermeister unserer Anforderung nachkommen möchte.

Die AL-Stadtratsfraktion wendet sich daher hilfsweise an die im Namen und Auftrag der Stadt Oppenheim mit der Führung der Verwaltungsgeschäfte beauftragte Verbandsgemeindeverwaltung Rhein-Selz. Für die zeitnahe Erledigung herzlichen Dank.

Minuten später ging vom Darmstadt-Schreibtisch eine Mail an Stadtbürgermeister Marcus Held – Auszug:

Um eventuelle Verzögerungen auf dem Verwaltungswege abzukürzen, habe ich das anhängende Schreiben an unseren Kollegen, VG-Bürgermeister Klaus Penzer, gerichtet. Darin beantragen wir, wie hiermit zeitgleich bei der Stadt, die Übersendung einer Kopie der kompletten Korrespondenz der Stadt Oppenheim mit dem rheinland-pfälzischen Innenministerium / ADD zum Themenkomplex Gradinger-Grundstück (Förderung, Ankauf, Abriss, Weiterverkauf). Hier sind insbesondere der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 15. September 2015, die danach erfolgten Änderungen bei den Förderungszusagen und der aktuelle Bescheid vom 18. August 2017 von besonderem Interesse.

Wird SPD-Bürgermeister Klaus Penzer die Unterlagen herausrücken? Oder beteiligt er sich am Versteck- und Verwirrspiel seines Parteifreundes Marcus Held und schließt auch er die Kommunalpolitiker Oppenheims weiterhin  von wichtigen Informationen aus?

Dann muss man natürlich fragen: Gibt’s dafür Gründe? Was soll hier verborgen bleiben?

Der Fall Gradinger kann noch richtig spannend werden.

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